Arbeitnehmerentsendegesetz

Nicht jeder Betrieb muss Arbeitszeiten erfassen

07. November 2016
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Quelle: © rdnzl / Foto Dollar Club

Ein Landwirt ist nicht generell verpflichtet, die Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer aufzuzeichnen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Das gilt auch, wenn ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag vorliegt. Nur Betriebe der im Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) genannten Branchen seien zu Aufzeichnungen verpflichtet, so das Gericht. Nur wenn Verpflichtete die Arbeitszeit nicht aufzeichnen, kann die zuständige Behörde ein Bußgeld verhängen.


Der heute 31 Jahre alte Betroffene aus Extertal ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes. In diesem beschäftigt er einen heute 43 Jahre alten Arbeitnehmer. Der Arbeitsvertrag legt die Arbeitszeit und das monatliche Bruttogehalt fest und unterfällt einem Tarifvertrag, der Mindestentgelte für Arbeitnehmer im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau regelt. Der Tarifvertrag ist durch Rechtsverordnung für allgemein verbindlich erklärt.

Bußgeld nach Selbstanzeige

Der Landwirt erstattete Selbstanzeige, da er möglicherweise gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz verstoßen habe. Das Hauptzollamt Bielefeld als Bußgeldbehörde war der Auffassung, der Betrieb des Landwirts unterliege dem Geltungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG). Er sei daher nach § 19 Abs. 1 Satz 1 AEntG seit dem 01.01.2015 verpflichtet gewesen, Aufzeichnungen über die tägliche Arbeitszeit seines Arbeitnehmers zu erstellen und bereitzuhalten. Da er dies nicht getan habe, habe er eine Ordnungswidrigkeit nach § 23 Abs. 1 Nr. 8 AEntG begangen. Mit dieser Begründung erließ das Hauptzollamt Bielefeld gegen den Landwirt im Februar 2015 einen Bußgeldbescheid und verhängte ein Bußgeld von 1.000 Euro. Auf seien Einspruch hin sprach das Amtsgericht Bielefeld ihn aber von dem erhobenen Vorwurf frei.

Pflicht trifft nur im Gesetz genannte Branchen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigte diese Entscheidung. Der Landwirt habe sich nicht ordnungswidrig verhalten. Die Bußgeldvorschrift des AEntG sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Die Aufzeichnungspflicht des § 19 Abs. 1 AEntG bestehe, soweit auf das Arbeitsverhältnis Rechtsnormen eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder einer Rechtsverordnung über die Zahlung von Mindestentgelt, die Einziehung von Sozialkassenbeiträgen oder über Urlaubsansprüche anzuwenden seien. Das sei vorliegend zwar der Fall.

Landwirte müssen nicht aufzeichnen

Allerdings gelte die Regelung gelte nur für die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEntG ausdrücklich bezeichneten Branchen des Bauhaupt- und des Baunebengewerbes. Den Bereich der Landwirtschaft führe das Gesetz in diesem Zusammenhang nicht auf, so dass dem Wortlaut keine Aufzeichnungspflicht für den Betrieb des Betroffenen bestehe. Eine analoge Anwendung der Bußgeldvorschrift des AEntG auf die Landwirtschaftsbranche komme nicht in Betracht. Denn die Anwendung einer Bußgeldvorschrift über ihren Inhalt hinaus auf ähnliche Lebenssachverhalt ist zum Nachteil eines Betroffenen nicht zulässig.

Kein Verstoß gegen andere Gesetze

Der Landwirt habe sich auch nicht nach anderen Vorschriften ordnungswidrig verhalten, denn auch das Mindestlohngesetz, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Arbeitszeitgesetz verpflichten den Arbeitgeber nicht, die werktäglichen, regulären Arbeitszeiten eines Arbeitnehmers aufzuzeichnen. Der Beschluss des OLG ist rechtskräftig.

Lesetipp:

Betriebsvereinbarung abschließen: »Arbeitszeit im Blick behalten« von Ratzesberger/Hofer in »Arbeitsrecht im Betrieb« 3/2016, S. 15-18.

© bund-verlag.de (ck)

 
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