Einigungsstelle

Anforderungen an Unabhängigkeit des Vorsitzenden

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Bei der Besetzung des Einigungsstellen-Vorsitzenden steht dem Gericht nur ein eingeschränktes Ermessen zu. Hat eine Partei eine grundsätzlich geeignete Person vorgeschlagen und haben die anderen Betriebsparteien keine oder keine nachvollziehbaren Einwände erhoben, ist das Ermessen des Gerichts auf die Bestellung des Vorgeschlagenen reduziert. Von Margit Körlings.

Die Arbeitgeberin hat einen Vorschlag für den Vorsitzenden der Einigungsstelle zu Arbeitszeit und Überstundenregelung gemacht. Hilfsweise wurde eine andere Person benannt. Das Gericht ist dem Hilfsantrag gefolgt. Die Arbeitgeberin war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Dazu wird eingewendet, dass das Gericht das ihm eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Festlegung der Person des Vorsitzenden überschritten habe.

Der im Hauptantrag benannte Vorsitzende sei geeigneter, da er in einem früheren Einigungsstellenverfahren zur Arbeitszeit bereits Vorsitzender gewesen sei. Er habe daher Sonderwissen und kenne die betriebsorganisatorischen Gegebenheiten. Er müsse sich auch nicht zeitintensiv einarbeiten. Außerdem sei das von der Arbeitgeberin aufgestellte Rangverhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag missachtet worden.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass kein Vorsitzender bestellt werden dürfe, der sich bereits in einem früheren Einigungsstellenverfahren mit der zuvor getroffenen Regelung auseinandergesetzt habe. Es erfolge insoweit ansonsten eine Selbstüberprüfung.

Ermessen des Gerichts bei der Bestellung des Einigungsstellen-Vorsitzenden

Dem Gericht steht nur ein eingeschränktes Ermessen bei der Besetzung des Einigungsstellenvorsitzenden zu. Wurde eine grundsätzlich geeignete Person vorgeschlagen und wurden von der anderen Betriebspartei keine oder keine nachvollziehbaren Einwände erhoben, ist das Ermessen des Gerichts auf die Bestellung des Vorgeschlagenen reduziert.

Bedenken gegen die Bestellung des Einigungsstellen-Vorsitzenden müssen nachvollziehbar sein

Bedenken gegen die Bestellung müssen nachvollziehbar sein. Allein das der Vorschlag von der anderen Betriebspartei kommt, genügt nicht. Ansonsten würden alle Kandidaten aufgrund dieses Umstandes in Misskredit gebracht oder mit einem »Gegenfavoritenmerkmal« versehen. Dies würde der Rolle des Vorsitzenden als unabhängig und unparteiisch widersprechen. Dies könnte sogar zu taktischen nicht akzeptablen Verhalten führen.  Ein favorisierter Kandidat würde zurückgehalten, da routinemäßig die andere Partei diesen ablehnt, um dann den Favoriten wieder ins Spiel zu bringen. Dies ist den Kandidaten nicht zumutbar.

Bedenken müssen ernsthaft sein. Sie können auch subjektive Erwägungen beinhalten. Das Gericht prüft sodann, ob es objektive Anhaltspunkte für die Bedenken gibt.

Der im Hilfsantrag genannte Vorsitzende könne vielmehr sein Amt völlig unbelastet von Vorbehalten aus der früheren Tätigkeit im Hinblick auf die Regelungsmaterie antreten. Der wegen des Wissensvorsprungs von Arbeitgeberseite Einwand der Zeit und Kostenersparnis konnte das Gericht wegen der vom Betriebsrat nachvollziehbar vorgetragenen Bedenken, begegnen.

Praxistipp

Aus Befangenheitsgründen sollte ein Richter des örtlich zuständigen Gerichts nicht vorgeschlagen werden. Eine Regelung, dass der Vorschlag des Vorsitzenden im Wechsel zwischen den Betriebsparteien benannt wird, könnte hilfreich sein. Das Gleiche gilt für die Anzahl der Beisitzer. Die Regelung wird in einer Betriebsvereinbarung getroffen.

Hilfsvorschläge können gemacht werden, aber nicht allein aus taktischen Erwägungen heraus (siehe oben).

Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

Lesetipp:

»Die Einigungsstelle – oft hilfreich!« von Marc-Oliver Schulze in »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB) 6/2018, ab S. 44

Quelle

LAG Köln (09.04.2018)
Aktenzeichen 9 TaBV 10/18
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 4.7.2018.
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