Kündigung

BAG zur Kündigung wegen Äußerungen in einer privaten Chatgruppe

25. August 2023 Kündigung
Handy
Quelle: pixabay

Beleidigende und rassistische Äußerungen sind auch in der digitalen Welt tabu. Äußert sich ein Arbeitnehmer in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und Kollegen, kann das eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen. Nur im Ausnahmefall kann sich der Beschäftigte auf Vertraulichkeit berufen, so das BAG.

Das war der Fall

Ein Arbeitnehmer gehörte seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. Im November 2020 wurde ein ehemaliger Kollege als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppenmitglieder waren nach den Feststellungen der Vorinstanz »langjährig befreundet«, zwei miteinander verwandt. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Arbeitnehmer - wie auch mehrere andere Gruppenmitglieder - in beleidigender und menschenverachtender Weise u.a. über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Nachdem der Arbeitgeber hiervon zufällig Kenntnis erhielt, kündigte er das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich fristlos.

Das sagen die Gerichte

Der Arbeitnehmer legte Kündigungsschutzklage ein. Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Das heißt: Sie hielten die Kündigung des Arbeitgebers für nicht rechtens. Dagegen wandte sich der Arbeitgeber mit der Revision an das BAG – und hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung des Klägers betreffend der ihm vorgeworfenen Äußerungen angenommen und das Vorliegen eines Kündigungsgrundes verneint, entschied das BAG.

Wann sich ein Arbeitnehmer auf Vertraulichkeit berufen kann

Eine Vertraulichkeitserwartung ist nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten - wie vorliegend - belei-digende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.

Das BAG hat das Berufungsurteil insoweit aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird dem Kläger Gelegenheit für die ihm obliegende Darlegung geben, warum er angesichts der Größe der Chatgruppe, ihrer geänderten Zusammensetzung, der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder an den Chats und der Nutzung eines auf schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegten Mediums eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung haben durfte.

© bund-verlag.de (ls)

Quelle

BAG (24.08.2023)
Aktenzeichen 2 AZR 17/23
PM des BAG Nr. 33/23 vom 24.8.2023
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