Leiharbeit im Museum
Zur Vermeidung von Arbeitsverträgen werden von Arbeitgeberseite häufig Werkverträge eingesetzt. Das Unternehmen, mit dem der Arbeitsvertrag geschlossen wurde, setzt den Arbeitnehmer im Rahmen von Werkverträgen bei Dritten (Auftraggeber) ein.
Erteilt der Dritte dem Fremdpersonal dann aber Weisungen, handelt es sich tatsächlich um Arbeitnehmerüberlassung. Denn nur der Arbeitgeber ist einem Arbeitnehmer gegenüber in arbeitsrechtlicher Hinsicht weisungsbefugt.
Häufig hat der Vertragsarbeitgeber aber keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) kommt in dann ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande.
Im hiesigen Fall betrieb der Arbeitgeber als öffentlich-rechtliche Stiftung ein Museum. Er schloss mit einer GmbH einen Dienstleistungsvertrag über die Betreuung der Museumsbesucher. Die Klägerin war bei dieser GmbH beschäftigt und wurde von ihr fortan im Museum eingesetzt.
Von dort erhielt sie Weisungen und wurde unter anderem zu Schulungen eingeteilt. Schließlich klagte sie vor dem Arbeitsgericht auf Feststellung, dass zwischen ihr und dem Museum ein Arbeitsvertrag besteht. Die GmbH hatte keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Sinne der Klägerin entschieden, dass ein Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG vorliegt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin Brandenburg muss nun noch in einem neuen Verfahren prüfen, ob und mit welcher Arbeitszeit ein Arbeitsverhältnis mit dem Museum besteht.
Entscheidend ist für das BAG, wie der Vertrag über die Fremdvergabe betrieblicher Aufgaben zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten rechtlich einzuordnen ist. Im vorliegenden Fall legte das BAG diesen Vertrag so aus, dass er auf die Überlassung von Arbeitnehmern ausgelegt sei.
Dass die am Vertrag Beteiligten, also die GmbH und das Museum, keine Arbeitnehmerüberlassung wollten, ist nicht entscheidend für die rechtliche Einordnung. Entscheidend ist, was vereinbart wurde und die übereinstimmend gewollte Durchführung des Vertrags.
Aus dem Vertrag zwischen Museum und GmbH ergab sich ein Weisungsrecht von Beschäftigten des Museums gegenüber der Arbeitnehmerin der anderen GmbH. Die Übertragung des Weisungsrechts ist kennzeichnend für die Arbeitnehmerüberlassung.
Die Arbeitnehmerin der GmbH musste laut Vertrag zudem an Schulungen und Einweisungen des Museums teilnehmen – ein weiteres Indiz für eine tatsächliche Arbeitnehmerüberlassung.
Auf die Vertragspraxis stellte das BAG hingegen nicht ab. Nur wenn der Vertrag gewollt abweichend vom Vertragstext praktiziert werde, sei diese Vertragspraxis maßgeblich.
Für den konkreten Fall war es erfreulich, dass die Arbeitnehmerin – übrigens vertreten von der DGB Rechtsschutz GmbH – erfolgreich auf die Feststellung des Arbeitsverhältnisses klagen konnte.
Schwierig ist es für den Arbeitnehmer in der Regel, einen Nachweis zu erbringen für die Arbeitnehmerüberlassung zwischen seinem Arbeitgeber und dem Unternehmen, in dem er eingesetzt wird.
Den Vertrag zwischen den beiden kennt der Arbeitnehmer meist nicht. Er muss daher konkrete Anhaltspunkte für eine Arbeitnehmerüberlassung vortragen.
Hierzu ist es ratsam, zunächst über einen längeren Zeitraum arbeitsvertragliche Weisungen des Auftraggebers zu dokumentieren.
Häufig wird der Vertrag zudem deutlicher als Werk- oder Dienstvertrag ausgestaltet sein als im vorliegenden Fall. Arbeitsvertragliche Weisungen des Auftraggebers widersprechen dann dem Vertragsinhalt.
Der Arbeitnehmer muss dann nicht nur zu diesen Weisungen des Auftraggebers vortragen und sie beweisen können, er muss dann auch darlegen, dass diese Weisungen trotz der vertraglichen Vereinbarung dem tatsächlichen Geschäftswillen von Arbeitgeber und Auftraggeber entsprechen.
Zur Arbeitnehmerüberlassung nach der Reform: »Alles neu macht der April« von Eder/Schuster in
AiB 4/2017, S. 27-30.