Wende beim Vorbeschäftigungsverbot?

Die Klägerin war bereits im Jahr 2008 bei einer Supermarktkette als Verkäuferin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete. Ab 2014 war sie erneut bei dem Lebensmittelhändler tätig - diesmal befristet mit mehreren Verlängerungen. Als die letzte befristete Verlängerung 2015 auslief, klagte die Verkäuferin und berief sich auf das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot.
Verbot einer Vorbeschäftigung? Das sagt das Teilzeit- und Befristungsgesetz
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) kann ein Arbeitsverhältnis befristet werden, ohne dass dafür ein sachlicher Grund besteht. Das darf dann aber nicht länger als zwei Jahre dauern. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmt, dass eine Befristung ohne Sachgrund unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber „bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (Vorbeschäftigungsverbot). Dabei nennt das Gesetz keine Höchst- oder Mindestdauer für den zeitlichen Abstand zwischen dem früheren und dem neuen Arbeitsverhältnis.
Das sagt das Bundesarbeitsgericht
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2011 kann ein erneutes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber dennoch ohne Sachgrund befristet werden, wenn das frühere Arbeitsverhältnis (Vorbeschäftigung) mehr als drei Jahre zurückliegt (BAG 6.4.2011 - Az 7 AZR 716/09). Die gesetzliche Formulierung „bereits zuvor“ bedeute nicht zwingend „jemals zuvor“. Das Verbot der Vorbeschäftigung solle Kettenbefristungen verhindern. Um dies zu erreichen, bedürfe es aber keines lebenslangen Verbots.
Niedersachsen sieht die Sache anders
Das Landesarbeitsgericht (LAG) in Niedersachsen hat im Fall der Verkäuferin dem BAG ausdrücklich widersprochen. Das Gesetz sehe eine zeitliche Grenze für die zurückliegende Vorbeschäftigung nicht vor. Daher komme es darauf an, ob jemals eine Vorbeschäftigung bestanden hätte (bei der Klägerin waren es 6 Jahre Abstand). Die neuerliche Befristung sei daher unzulässig. Wegen seiner anderen Auffassung hat das LAG die Revision zugelassen.
Praxistipp
Die Frage, ob es eine zeitliche Grenze für die Zeit zwischen Vorbeschäftigung und neuer Befristung gibt, ist seit jeher heftig umstritten: Sogar beim Bundesverfassungsgericht sind zwei Verfahren zu dem Thema anhängig. Ein Kläger meint, das BAG überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. Das bedeutet: In bestimmten Fällen kann es nötig sein, das Gesetz nicht nur auszulegen, sondern auch über den Wortsinn hinaus zu ergänzen. Die Gerichte schaffen damit Recht.
Möchte ein Arbeitnehmer gegen die Befristung seines Arbeitsverhältnisses vorgehen, kann er dies mit der sogenannten Befristungskontrollklage vor dem Arbeitsgericht tun. Ziel ist es, vom Gericht feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist. Diese Klage muss innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses beziehungsweise dem Ablauf der Befristung erhoben werden. Häufig wird ein Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Befristung einfach fortgesetzt. Dann gilt nach § 15 Abs. 5 TzBfG, dass das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit besteht. Der Arbeitgeber kann dem aber unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – widersprechen. Will der Arbeitnehmer dagegen vorgehen, muss er dagegen Klage erheben - und zwar innerhalb von drei Wochen, nachdem ihm die Mitteilung zugegangen ist.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision ist beim BAG anhängig unter dem Aktenzeichen 7 AZR 477/17.
Bastian Brackelmann, DGB Rechtsschutz GmbH
Lesetipp:
www.bund-verlag.de > Betriebsrat > Mitbestimmung > Basiswissen:
7. Was heißt Mitbestimmung bei Einstellung, Versetzung, Umgruppierung?
Quelle
Aktenzeichen 6 Sa 1125/16
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters »AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat« vom 20.12.2017.