Ausbildung

Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen in Hessen verfassungsgemäß

27. Februar 2020
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Quelle: www.pixabay.com

Während eine weitere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Kopftuchverbot durch private Arbeitgeber noch aussteht, gibt es eine neue Entscheidung für den Öffentlichen Dienst: Das Land Hessen konnte einer Rechtsreferendarin untersagen, bei bestimmten dienstlichen Tätigkeiten ein Kopftuch zu tragen - so das Bundesverfassungsgericht.

Darum geht es:

Die Beschwerdeführerin war Rechtsreferendarin im Land Hessen. Sie trägt in der Öffentlichkeit aus religiösen Gründen ein Kopftuch. Noch vor Aufnahme der Ausbildung wurde sie durch das Oberlandesgericht mit einem Hinweisblatt darüber belehrt, dass sich nach hessischer Gesetzeslage Rechtsreferendare im juristischen Vorbereitungsdienst gegenüber Bürgerinnen und Bürgern religiös neutral zu verhalten hätten und sie daher mit Kopftuch keine Tätigkeiten ausüben dürfe, bei denen sie als Repräsentantin der Justiz oder des Staates wahrgenommen werden könnte. Sie erhob eine Verfassungsbeschwerde, nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) ihre Beschwerde abgewiesen hatte.

Das sagt das Gericht:

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde der Rechtsreferendarin zurückgewiesen. Das Verbot, bei bestimmten dienstlichen Tätigkeiten ein Kopftuch zu tragen, sei durch die Neutralitätspflicht in weltanschaulich-religiöser Hinsicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe entschieden, diese Pflicht im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes auch Rechtsreferendarinnen und -referendaren aufzuerlegen. Diese Entscheidung sei aus verfassungsrechtlicher Sicht zu respektieren.

Zwar stelle diese Pflicht einen Eingriff in die Glaubensfreiheit und andere Grundrechte der Beschwerdeführerin dar. Dieser Eingriff sei aber gerechtfertigt. Als rechtfertigende Verfassungsgüter kämen dafür die Grundsätze der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege sowie die negative Religionsfreiheit Dritter in Betracht. Hier komme keiner der kollidierenden Rechtspositionen ein derart überwiegendes Gewicht zu, das dazu zwänge, der Beschwerdeführerin das Tragen religiöser Symbole im Gerichtssaal zu verbieten oder zu erlauben, so das BVerfG.

Hinweis für die Praxis

Das Gericht weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass die hier vorgenommene Abwägung nur für Personen gilt, die hoheitliche Aufgaben im Rahmen der Rechtspflege wahrnehmen, auch im Rahmen der Juristenausbildung. Für die derzeit diskutierten Kopftuchverbote gegen Schülerinnen an öffentlichen und Berufsschulen gelte dieser Maßstab nicht, betont das BVerfG: »Anders als im Bereich der bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule, in der sich gerade die religiös-pluralistische Gesellschaft widerspiegeln soll, tritt der Staat dem Bürger in der Justiz klassisch-hoheitlich und daher mit größerer Beeinträchtigungswirkung gegenüber«.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BVerfG (14.01.2020)
Aktenzeichen 2 BvR 1333/17
BVerfG, Pressemitteilung Nr. 13/2020 vom 27.2.2020
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