Lehrer mit Nazi-Tattoos ist ungeeignet

Das war der Fall
Nachdem bei einem beim Land Brandenburg angestellten Lehrer während eines Schulfestes Tätowierungen aufgefallen waren – unter anderem ein Sonnenrad und der Spruch »Meine Ehre heißt Treue« – hatte das Land im Wege der Amtshilfe beim Staatsschutz eine Einschätzung zur politischen Aussagekraft eingeholt. Ergebnis: Die Zurschaustellung der Symbole lasse auf einen harten Rechtsextremismus schließen und es bestünden erhebliche Zweifel an der Treuepflicht sowie an dem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Es sei davon auszugehen, dass der Lehrer der rechtsradikalen Szene angehöre oder angehörte. Daraufhin ergingen zwei außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigungen. Die erste scheiterte an einer ordnungsgemäßen Personalratsbeteiligung.
Das sagt das Gericht
Das LAG Berlin-Brandenburg hat die erneute außerordentliche Kündigung für wirksam erachtet und die gegen die Kündigung gerichtete Klage abgewiesen. Die Tätowierungen ließen auf eine fehlende Eignung als Lehrer schließen. Zur Eignung als Lehrer gehöre auch die Gewähr der Verfassungstreue, auch dann, wenn es sich um angestellte Lehrkräfte und nicht um Beamte handelt. Zwar lässt sich die Treuepflicht der Beamten nicht 1:1 auf Angestellte übertragen, das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergibt sich aber aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist: Lehrer sind demnach Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit die gleichen oder zumindest ähnlichen Anforderungen zu stellen sind wie an verbeamte Lehrer.
Verfassungstreue auch bei Angestellten?
Aus den hier zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Tätowierungen wie zum Beispiel »Meine Ehre heißt Treue« in Frakturschrift auf dem Oberkörper könne auf eine fehlende Verfassungstreue geschlossen werden. Die ergänzenden Worte »Liebe Familie« unterhalb des Hosenbundes änderten hieran nichts, da diese regelmäßig nicht zu sehen seien. Aber auch das Argument, dass die restlichen Tätowierungen normalerweise im Schulbetrieb nicht zu sehen seien, spielt keine Rolle: Denn die Verfassungstreuepflicht kann durch das Tragen einer Tätowierung mit verfassungsfeindlichem Inhalt verletzt werden, wenn dadurch eine Ablehnung der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes zum Ausdruck kommt – der Träger erteilt damit Auskunft über seine Absichten. Dass sich die Tätowierung an/auf einem sichtbaren Bereich des Körpers befindet, ist nicht erforderlich. Die Öffentlichkeit einer verfassungsfeindlichen Betätigung ist nicht Voraussetzung für einen Verstoß gegen die Treuepflicht.
Da der Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes relevant sei, komme es auf eine zwischenzeitliche Änderung oder Ergänzung der Tätowierung(en) nicht an. Da die Kündigung bereits aus diesem Grund wirksam sei, komme es auf die vorliegende, bisher nicht rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung nach § 86a StGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) ebenfalls nicht an, so das LAG.
Das muss der Personalrat wissen
Wichtig sind die Ausführungen zu den Anforderungen an die Verfassungstreue, die bei beamten und Angestellten unterschiedlich bewertet werden können – dabei gilt zu beachten, dass Repräsentanten des Staates einer strengen Betrachtungsweise unterliegen. Auch wichtig – im Falle von Tattoos: wo die Tätowierungen gestochen sind, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist die Aussagekraft, die in ihnen steckt.
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Quelle
Aktenzeichen 8 Sa 1655/20