Mobbingfolgen als psychische Berufskrankheit?

Der Kläger war als Pastoralreferent in der italienisch-katholischen Gemeinde D tätig. Er erlitt durch jahrelanges Mobbing am Arbeitsplatz eine Gesundheitsstörung in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung und eines Burnouts. Er beantrage daher bei der beklagten Versicherung die Anerkennung als Berufskrankheit »psychische Erkrankung durch Mobbing«.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung als Berufskrankheit (BK) ab. Psychische Erkrankungen seien in der derzeit gültigen BK-Liste nicht enthalten. Auch die Voraussetzungen für die Anerkennung als »Wie-BK« liegen nicht vor.
Das sagt das Gericht
Auch laut Gericht liege weder eine BK vor, noch sei die Gesundheitsstörung als »Wie-BK« anerkennungsfähig.
Berufskrankheiten können nur solche sein, die auf der BK-Liste stehen. Und eine »Psychische Berufskrankheit« fehlt dort bisher.
Auch die Voraussetzungen für die Anerkennung als »Wie-BK« fehlen beim Kläger. Diese setze insbesondere voraus, dass bestimmte Personengruppen bei der Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sind, die nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft eine Krankheit hervorrufen. Es gebe aber keine Berufsgruppe, die bei ihrer Tätigkeit weitaus stärker als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt sei.
Mobbing sei ein »gesamtgesellschaftliches Übel«, das keinesfalls nur auf eine bestimmte Personen- oder Berufsgruppe beschränkt sei. Außerdem gebe es gegenwärtig in der medizinischen Wissenschaft keine Erkenntnisse dahingehend, dass psychische Erkrankungen hervorgerufen durch Mobbing als BK anzuerkennen sind.
Das bedeutet die Entscheidung für Sie
Die Anerkennung arbeitsbedingter psychischer Erkrankungen als BK scheint derzeit fast unmöglich. Denn zunächst sind Berufskrankheiten nun einmal nur solche, die auf der BK-Liste stehen. Und eine »Psychische Berufskrankheit« fehlt dort bisher. Auch konkrete Bestrebungen zur Aufnahme sind bislang nicht absehbar.
Bei Fehlen einer Listen-BK bleibt teilweise die Anerkennung als »Wie-BK« (§ 9 Abs. 2 SGB VII). Diese Regelung soll aber keine »allgemeine Härteklausel« sein. Auch hierfür müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen – die gegenwärtig aber dazu führen, dass psychische Erkrankungen kaum als »Wie-BK« anerkannt werden können:
- Es braucht zunächst die Einwirkung auf eine besondere (abgrenzbare) Personengruppe. Einwirkungen können zunächst alles Mögliche sein, auch psychische Belastungen durch Mobbing. Das Problem: Psychischen Belastungen können jeden treffen, Mobbing kommt in allen möglichen Berufen vor. Es fehlt die abgrenzbare Gruppe.
- Zum anderen fehlen auch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen einer psychischen Erkrankung und spezifischen beruflichen Belastungen. Beispiel: Das von Hautkrebs (BK Nr. 5103) z.B. Bauarbeiter besonders betroffen sind, leuchtet ein. Sie arbeiten häufig den ganzen Tag in der Sonne unter schädlichen UV-Strahlen. Hier ist der Zusammenhang von beruflicher Belastung und Erkrankung klar. Bei psychischen Erkrankungen dagegen kommen zwar viele berufliche, aber vor allem auch private, soziale und genetische Faktoren als Ursachen in Betracht (sog. Multikausalität).
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Quelle
Aktenzeichen L 3 U 11/20