Pflichten des Betriebsrats

Zwangsvollstreckung gegen Betriebsratsmitglieder möglich

13. Februar 2018 Pflichten, Arbeitsgericht, Datenschutz
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Quelle: © Jeanette Dietl / Foto Dollar Club

Hat das Arbeitsgericht entschieden, dass ein Betriebsratsmitglied zu einer bestimmten Handlung verpflichtet ist, kann diese auch zwangsweise durchgesetzt werden. Dabei kann Zwangshaft ebenso angedroht werden wie ein Zwangsgeld. Von Bastian Brackelmann.

Im konkreten Fall streiten einzelne Betriebsratsmitglieder mit dem Betriebrat als Gremium. Es geht letztlich um Informationen. Fraglich war, ob der Betriebsrat den E-Mailv-Verkehr mit dem Arbeitgeber über einen bestimmten Account führen muss. Auf diesen Account haben alle Mitglieder des Betriebsrats Zugriff. In einem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) verpflichtete sich der Betriebsrat schließlich, so zu verfahren. Um zu gewährleisten, dass diese Verpflichtung auch praktisch umgesetzt wird, beantragten die Betriebsratsmitglieder eine  vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs.

Verpflichtung ohne Zwang wäre zahnloser Tiger

Das LAG erteilte diese als Klausel bezeichnete vollstreckbare Ausfertigung. Das LAG war der Auffassung, dass es möglich sein muss, die im Vergleich eingegangen Verpflichtung zwangsweise durchzusetzen. Anderenfalls bestünde kein wirksamer Rechtsschutz und der Vergleich liefe ins Leere. Allerdings beschränkte es die Möglichkeit, zu vollstrecken: Gegenüber einem Betriebsratsmitglied könne die Verpflichtung nur dann zwangsweise durchgesetzt werden, wenn es aufgrund seiner betriebsverfassungsrechtlichen Funktionen – etwa als Vorsitzender – verpflichtet ist, den Vergleich zu erfüllen.

Praxistipp

Die Zwangsvollstreckung ist eine komplexe Sache. Bei ihr handelt es sich sozusagen um den zweiten Teil des Gerichtsverfahrens. Vor dem Arbeitsgericht streiten die Parteien um das Recht. Am Ende des Verfahrens steht ein Urteil, ein Beschluss oder ein Vergleich mit einem bestimmten Inhalt. In der Zwangsvollstreckung nennt man das Titel. Mit diesem Titel ist aber noch nichts gewonnen. Ist etwa ein Arbeitgeber zur Zahlung von 5000 Euro verurteilt worden, ist das nur der erste Schritt. Zahlt er trotz Urteil nicht, muss die Zahlung erzwingbar sein. Der Arbeitnehmer muss dann beim Arbeitsgericht eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils beantragen. Dabei handelt es sich um eine Ausfertigung des Urteils, die den Zusatz „Vorstehende Ausfertigung wird zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt“ enthält. Dieser Zusatz heißt Vollstreckungsklausel. Die vollstreckbare Ausfertigung muss nun dem Schuldner zugestellt  werden. Erst unter diesen Voraussetzungen  - Titel, Klausel und Zustellung - ist die Zwangsvollstreckung möglich. Schuldet der Arbeitgeber Geld, ist es Sache des Gerichtsvollziehers, das Geld beim Arbeitgeber an sich zu nehmen und dem Gläubiger zu überweisen.

Die Art der Zwangsvollstreckung hängt von der Schuld oder Verpflichtung ab. Geldschulden oder die Herausgabe von Sachen werden vom Gerichtsvollzieher durchgesetzt. Daneben kann es sein, dass der Schuldner etwas tun oder unterlassen muss. Man unterscheidet hier vertretbare und unvertretbare Handlungen. Weigert sich etwa ein Arbeitgeber entgegen einem Gerichtsurteil, Videokameras im Betrieb zu entfernen, so kann ein Dritter damit beauftragt werden (vertretbare Handlung). Im hier entschiedenen Fall lag – nach Auffassung des Gerichts – eine unvertretbare Handlung vor. Unvertretbar ist eine Handlung, wenn ein Willensentschluss des Schuldners erforderlich ist. Hier kann die Vollstreckung nur erfolgen, indem das Gericht dem Schuldner aufgibt, entsprechend zu handeln und wenn er es nicht tut, ein Zwangsgeld bis zu 25.000 Euro oder Zwangshaft androht.

Übrigens: Ein allgemeines Informationsrecht des Betriebsrats ist in § 80 Abs. 2 BetrVG geregelt. Das Gesetz bestimmt, dass der Betriebsrat zu informieren ist, nicht lediglich ein einzelnes Mitglied. In der Praxis ist zumeist der Vorsitzende Empfänger von Informationen. Dieser muss die Infos weiterleiten, schon deshalb, weil es Voraussetzung wirksamer Beschlüsse ist.

Bastian Brackelmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG-Berlin-Brandenburg (17.01.2018)
Aktenzeichen 17 TaBV 1299/17 (nicht rechtskräftig)
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat 3/2018 vom 14.2.2018.
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