Krankmeldung

Festbesuch mit Rückenschmerzen ist verboten

09. September 2015

Besucht ein Beamter trotz Krankmeldung ein Volksfest, verstößt er gegen seine Pflicht, alles Zumutbare für eine rasche Genesung zu unternehmen und muss mit der Kürzung seiner Dienstbezüge rechnen. Das hat das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt entschieden.

Ein Polizeibeamter in Sachsen-Anhalt, der mehrfach versucht hatte, eine Nachtschicht (18 bis 6 Uhr) zu tauschen, meldete sich an dem betreffenden Termin wegen Rückenschmerzen krank.

Dennoch erfuhr sein Dienstherr, dass der Beamte an fraglichem Abend ein örtliches Oktoberfest besucht und sich bis etwa 2 Uhr früh dort aufgehalten hatte.

Der Polizist erklärte, dass er zwar weder liegen noch sitzen konnte, ihm stehen und gehen aber nahezu schmerzfrei möglich war. Pikant: Zum Oktoberfest wurde er von einem Bekannten gefahren, der dort für den Sicherheitsdienst verantwortlich war.

Verwaltungsgericht erkennt kein Fehlverhalten

Der Dienstherr kürzte aufgrund des Verhaltens des Beamten die Dienstbezüge um fünf Prozent für die Dauer eines halben Jahres. Neben der Anwesenheit beim Fest ging die Behörde auch davon aus, dass sich der Polizeibeamte als Security-Mann betätigt hat und einer nicht genehmigten Nebentätigkeit nachgegangen ist.

Dagegen wehrte sich der Polizist und bekam vor dem Verwaltungsgericht zunächst Recht. Das Verwaltungsgericht vertrat die Auffassung, dass »die Behauptung des Klägers, sein Rückenleiden sei in stehendem Zustand wesentlich erträglicher als in einer liegenden oder sitzenden Position gewesen«, unwiderlegbar sei.

Es sei auch nachvollziehbar, dass der Kläger deshalb keine Bedenken hatte, das Oktoberfest zu besuchen. Ein Krankheitsbild, welches zwingend der häuslichen Ruhe bedürfe, sei vorliegend nicht gegeben, so das Verwaltungsgericht. Daran ändere auch nichts, dass sich der Kläger im Vorfeld um den Tausch seines Dienstes bemüht und damit ein gesteigertes Interesse an dem Besuch des Oktoberfestes zum Ausdruck gebracht habe, heißt es im Urteil.

Beamter muss seine Dienstfähigkeit schnellstmöglich wieder herstellen

Das sah das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt anders. Entscheidend sei die Frage, ob das tatsächliche Verhalten des Klägers Anlass zu disziplinarrelevanten Vorwürfen gibt – und das war nach Auffassung des Senats ohne weiteres zu bejahen. Es lag ein Verstoß gegen die Genesungspflicht gemäß § 34 BeamtStG vor.

»Ein Beamter, der in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit herbeizuführen.«
Daraus ergibt sich, dass Beamte verpflichtet sind, all das zu unterlassen, was den Genesungsprozess negativ beeinflussen könnte – was ihn verhindern oder auch nur verzögern kann. Es reicht aus, dass sein Verhalten dazu generell geeignet ist.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht davon aus, dass sich der Kläger an besagtem Tag sogar selbst als krankheitsbedingt dienstunfähig angesehen hat. Schließlich habe er sich krank gemeldet. Wer allerdings mittags »wegen eines akut eingeklemmten Nervs nicht mehr aufrecht habe gehen können und der trotz Behandlung am Abend immer noch wenig Schmerzen nur beim Stehen oder Gehen gehabt haben will« sorgt durch sein Verhalten – den Festbesuch – dafür, dass die Wiederherstellung der vollen Dienstunfähigkeit beeinträchtigt ist.

Festbesuch stellt Dienstvergehen dar

Dieses Verhalten beurteilte das OVG auch als außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne der beamtenrechtlichen Regelung des Landes (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BG LSA). Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist demnach ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

Eine solche Ansehensbeeinträchtigung liegt laut OVG vor, wenn ein krankgeschriebener Beamter die halbe Nacht auf einem Volksfest verbringt. »Insofern würde das Ansehen des Beamtentums in den Augen der Öffentlichkeit erheblichen Schaden nehmen.«

Kürzung der Bezüge für sechs Monate zu hoch

Lediglich bei der Höhe der Kürzung der Bezüge war das OVG dem Polizisten gnädig gestimmt - trotz des egoistischen und unkollegialen Verhaltens, was das Gericht betont. Die vom Dienstherren vorgenommene Kürzung sah das Gericht dennoch als zu strenge Disziplinarmaßnahme an. Die nächst mildere Disziplinarmaßnahme, eine einmalige Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 8 DG LSA, sei angemessen.

Heimliche Nebentätigkeit nicht belegt

Begründung: die Vorwürfe der unerlaubten Tätigkeit für das Sicherheitsgewerbe konnten sich während des gerichtlichen Verfahrens nicht aufrecht erhalten lassen. In der Disziplinarverfügung war nur aufgeführt, der Kläger sei »als regelmäßiger Mitarbeiter der (...)-Security bei etlichen der letzten zehn Oktoberfeste als Türsteher tätig gewesen« - das war nach Ansicht des OVG in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht für eine disziplinare Sanktion nicht ausreichend.

Es fehle die gebotene Konkretisierung einzelner Pflichtverstöße, vor allem in zeitlicher Hinsicht. Auch habe keiner der gehörten Zeugen bestätigt, dass der Beamte an besagten Abenden als Türsteher tätig gewesen sei.

Quelle:
OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21.04.2015
Aktenzeichen: 10 L 6/14
Landesrechtsprechungsdatenbank Sachsen-Anhalt
© bund-verlag.de (mst)

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