Betriebsratsarbeit

Betriebsratsbeschluss – darauf kommt es an

06. Dezember 2016
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Quelle: Bund-Verlag

Der Betriebsrat trifft seine Entscheidungen durch Beschlüsse. Für die Arbeit des Gremiums ist die wirksame Beschlussfassung deshalb von entscheidender Bedeutung. Wie sieht etwa ein »wasserfester« Beschluss für die Kostenübernahme von Seminaren oder Literatur aus? Und wie ist es bei Beschlüssen zur Videoüberwachung? Im Interview erläutert Klaus Eberhard, Mitautor unseres Handbuchs  »Beschlussfassung im Betriebsrat«, worauf es ankommt und gibt hilfreiche Praxisbeispiele.

1. Was sind die fünf wichtigsten »Regeln« für das Fassen von Betriebsratsbeschlüssen?

a) Es muss rechtzeitig durch den Betriebsratsvorsitzenden zur Betriebsratssitzung eingeladen werden, wobei die Tagesordnungspunkte, über welche ein Beschluss herbeigeführt werden soll, konkret bezeichnet werden müssen.

b) Dabei muss Sorge dafür getragen werden, dass das Betriebsratsgremium sich richtig zusammensetzt und beispielsweise Ersatzmitglieder nur in den anerkannten Verhinderungsfällen ein- bzw. nachgeladen werden. Das Gebot der Nichtöffentlichkeit von Betriebsratssitzungen ist dringend zu beachten.

c) Das Betriebsratsgremium muss auch beschlussfähig sein, d.h. mehr als die Hälfte der Betriebsratsmitglieder müssen bei der Beschlussfassung anwesend sein. Dies bedeutet aber nicht, dass nur so viele Betriebsratsmitglieder geladen werden, wie die Beschlussfähigkeit es erfordert. Ziel der Einladung muss immer sein, ein vollständiges Gremium bei der Beschlussfassung zu haben.

d) Wichtig ist auch, dass der Inhalt eines Beschlusses klar und unmissverständlich ist, um sich nicht dem Risiko einer Unwirksamkeit dieses Beschlusses auszusetzen.

e) Ein Beschluss ist letztlich nur dann wirksam gefasst, wenn er von mehr als der Hälfte der anwesenden Betriebsratsmitgliedern getragen bzw. gefasst wurde. Dabei zählen Enthaltungen als ein »nein« bzw. als Ablehnung. Aber Vorsicht: Es gibt auch Beschlüsse, die einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, d.h. mehr als die Hälfte der Mitglieder des Betriebsrats müssen für einen Beschluss stimmen (Beispiele: Rücktritt des Betriebsrats, Erlass einer Geschäftsordnung, Übertragung von Aufgaben auf einen Ausschuss oder den Gesamtbetriebsrat etc).

2. Erfolgreiche Betriebsratsarbeit basiert in der Regel auf einer sinnvollen Aufgabenverteilung. Welche Regelungen sind da im Rahmen einer Beschlussfassung möglich und wie könnte ein Musterbeschluss aussehen?

Betriebsräte können ab einer bestimmten Mitgliederzahl Ausschüsse bilden. Diese Ausschüsse können aufgrund ihrer kleineren Mitgliederzahl flexibler und schneller reagieren. Solche Ausschüsse können die unterschiedlichsten Themen für eine Betriebsratssitzung vorbereiten, so dass das gesamte Betriebsratsgremium eine fundierte Entscheidungsgrundlage hat (Beispielsweise: Entwürfe für Betriebsvereinbarungen, Heraussuchen von Fortbildungsveranstaltungen, Aufbereitung technischer Details in IT-Fragen, Ermittlung von Personalkennziffern).

Soweit der Betriebsrat über einen Betriebsausschuss verfügt, und ab einer Stärke von neun Betriebsratsmitgliedern ist die Bildung eines Betriebsausschusses verpflichtend, kann der Betriebsrat sowohl dem Betriebsausschuss wie auch weiteren Ausschüssen Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen. Allerdings darf keiner dieser Ausschüsse anstelle des Betriebsrats Betriebsvereinbarungen abschließen; insofern bleibt es bei vorbereitenden Tätigkeiten. Sehr wohl können diesen Ausschüssen andere Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen werden wie z.B. die Entscheidung über personelle Einzelmaßnahmen, die Entscheidung über vom Arbeitgeber vorgelegte Überstundenanträge oder die Entscheidung über die Zustimmung oder Ablehnung eines vom Arbeitgeber vorgelegten Dienstplanes.

Ein Musterbeschluss könnte in diesem Zusammenhang beispielsweise wie folgt lauten:
»Der Betriebsrat beschließt, dem eingerichteten Ausschuss das Recht zu übertragen, die dem Betriebsrat vom Arbeitgeber vorgelegten Dienstpläne zu überprüfen und ihnen zuzustimmen oder nicht.«

3. Die Kostenübernahme für Literatur oder Seminarbesuche ist oft Anlass für Auseinandersetzungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Wie sieht ein »wasserfester« Beschluss in diesen Fällen aus und was ist zu beachten?

Auch hier gilt es zunächst, die oben bereits skizzierten fünf Regeln (a-e) zur Beschlussfassung einzuhalten. Im Übrigen muss aus den Beschlüssen konkret hervorgehen, um welche Literatur oder um welche Zeitschriften, die der Betriebsrat anzuschaffen wünscht, es sich handelt oder welche Betriebsratsmitglieder der Betriebsrat zu welchen Seminaren bzw. Schulungen entsenden möchte. In dem Beschluss müssen sich also die Titel von Büchern oder Zeitschriften wiederfinden und bei der Entsendung von Betriebsratsmitgliedern zu Schulungen müssen die Namen der Betriebsratsmitglieder, der Zeitpunkt und der Ort der Schulung für diese Betriebsratsmitglieder sowie der Seminarträger im Beschluss konkret benannt sein.

Folgende Beschlüsse könnten dabei eine Arbeitshilfe sein:

  • Der Betriebsrat beschließt die Anschaffung folgender Bücher: - Gesetzessammlung (konkreter Titel, konkreter Name des Verlages, konkrete Auflage und konkrete Anzahl) - Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz (konkreter Titel, konkreter Verlag, konkrete Auflage)
  • Der Betriebsrat beschließt, das Betriebsratsmitglied A (konkreter Name) zur Schulung zum Thema (konkrete Bezeichnung des Seminartitels) beim Bildungsträger (konkreter Name des Bildungsträgers) vom … bis zum … (konkretes Datum) nach … (konkreter Name des Ortes) zu entsenden.

Soweit entsprechende Beschlüsse vom Betriebsrat gefasst worden sind, ist das Ergebnis dieser Beschlüsse dem Arbeitgeber mitzuteilen – mit der Aufforderung, die entsprechende Literatur zu bestellen und/oder der Teilnahme an den Seminaren/Schulungen zuzustimmen.

4. Arbeitgeber können mit diversen technischen Möglichkeiten die Belegschaft immer leichter und umfangreicher überwachen – ob im Rahmen von Zugangskontrollen oder durch Videoüberwachung. Welche Beschlüsse können Betriebsratsgremien im Rahmen ihrer Mitbestimmungsrechte hier treffen?

Der immer stärker werdende Einsatz technischer Möglichkeiten in die Arbeitsabläufe der Arbeitnehmer betrifft in der Regel einen Kernbereich der Mitbestimmung des Betriebsrats. Gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen, soweit der Arbeitgeber technischen Einrichtungen einführt, die geeignet sind, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Vor diesem Hintergrund ist der Betriebsrat häufig in zweierlei Hinsicht gefordert. Er kann auf der einen Seite Sorge dafür tragen, dass er mit dem Arbeitgeber Regelungen zur Einführung einer technischen Einrichtung vereinbart (Erhebung von Daten, Speicherung von Daten, Verwertung von Daten, Löschen von Daten usw) und auf der anderen Seite muss der Betriebsrat ggf. die Umsetzung der oben genannten technischen Einrichtungen verhindern, solange es noch keine entsprechenden Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer gibt.

Vor dem Hintergrund einer solchen nicht immer leichten Aufgabe kann der Betriebsrat folgende Beschlüsse fassen:

  • Der Betriebsrat beschließt, mit dem Arbeitgeber über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum Regelungsthema »…« (hier konkrete technische Einrichtung benennen) in Verhandlungen zu treten.
  • Sofern der Betriebsrat nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, um eine entsprechende Betriebsvereinbarung selbst zu entwickeln oder auch nur verantwortungsvoll zu verhandeln, könnte folgender weiterer Beschluss gefasst werden:
    Der Betriebsrat beschließt, den Sachverständigen (konkreter Name) zum Regelungsthema » … « (konkrete Bezeichnung des Regelungsthemas) für … Stunden (genaue Anzahl der Stunden benennen) zu einem Stundensatz in Höhe von € … ( genaue Höhe des Stundensatzes) zzgl. 19 % Umsatzsteuer zu seiner Unterstützung hinzuzuziehen.
  • Für den Fall, dass ein Arbeitgeber eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG einführt, ohne dass der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte wahrnehmen konnte, kann der Betriebsrat folgenden Beschluss fassen:
    Der Betriebsrat beschließt, ein einstweiliges Verfügungsverfahren auf Unterlassung der Einführung der technischen Einrichtung (konkrete Bezeichnung) einzuleiten, solange der Betriebsrat nicht seine Zustimmung zur Einführung erteilt hat oder ein entsprechender Spruch der Einigungsstelle vorliegt.

Der Interviewpartner:

Klaus Eberhard ist als Berater für Arbeitnehmervertretungen und Unternehmen tätig.

© bund-verlag.de (ls)

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