Geldausgleich für Beamte der Feuerwehr

24. Juli 2017
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Quelle: Stephan Dinges_Dollarphotoclub

Die EU-Arbeitszeitrichtlinie begrenzt die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit auf 48 Stunden. Haben Feuerwehrbeamte sich freiwillig bereiterklärt, über diese Schranke hinaus Dienst zu tun, können sie dafür Ausgleich verlangen – durch Freizeit oder Geld. Die entschied das Bundesverwaltungsgericht nach Klagen von Beamten in Potsdam, Cottbus und Oranienburg.

Feuerwehrbeamte überschreiten Höchstarbeitszeit

Das Bundesverwaltungsgericht hatte über Ausgleichsansprüche von kommunalen Feuerwehrbeamten im Land Brandenburg im Wesentlichen im Zeitraum zwischen 2007 und 2013 zu entscheiden. Während dieser Zeit verrichteten die Beamten auf eigenen Antrag frewillig Schichtdienst mit bis zu 56 Wochenstunden.

Klagen auf Geldausgleich

Ab dem Jahr 2010 und später machten sie geltend, die Dienstzeit, die über die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden hinausgehe, sei infolge fehlerhafter Anwendung und Umsetzung von Unionsrecht als zuviel geleistete Arbeit finanziell abzugelten. Damit hatten sie in den Vorinstanzen überwiegend Erfolg. Die beklagten Städte legten Revision ein.

Anspruch erst ab Geltendmachung

Vor dem Bundesverwaltungsgericht hatten die beklagten Städte teilweise Erfolg. Das Gericht verneinte einen Anspruch der Feuerwehrbeamten wegen der Zuvielarbeit für die Zeiträume, bevor die Feuerwehrleute ihren Anspruch erstmals geltend gemacht haben. Für die Zeiträume nach der Geltendmachung des Ausgleichs hat das Bundesverwaltungsgericht die Berufungsurteile aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verwiesen.

Geldausgleich nur ausnahmsweise

Kann der Dienstherr den primär auf Freizeitausgleich gerichteten Ausgleichsanspruch der Beamten nicht binnen Jahresfrist erfüllen, so besteht ab dem Folgemonat der Geltendmachung dieses Anspruchs ein Entschädigungsanspruch in Geld.

Fehlerhafte Umsetzung der Opt-out-Klausel

Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, den Klägern stehe ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch der Kläger gegen ihre Dienstherren zu. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie habe eine Ausnahmeregelung („Opt-Out“) von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden zugelassen. Diese Überschreitung der Höchstarbeitszeit mit Einverständnis der Beamten hatte der Landesgesetzgeber in Landesrecht umgesetzt. Dass diese Umsetzung unionsrechtlich fehlerhaft  erfolgt war, habe zunächst das Land Brandenburg als Gesetzgeber zu verantworten. Die Anwendung des fehlerhaften Landesrechts - hier: von Rechtsverordnungen über die Arbeitszeit von Feuerwehrbeamten aus den Jahren 2007 und 2009 - ist aber den beklagten Städten als Dienstherren der Feuerwehrbeamten anzulasten.

Vorrang des Unionsrechts missachtet

Denn damit haben sie den Anwendungsvorrang des Unionsrechts nicht beachtet. Die Rechtsverordnungen verletzen offenkundig jedenfalls das in der EU-Arbeitszeitrichtlinie geregelte Nachteilsverbot, wonach keinem Arbeitnehmer Nachteile daraus entstehen dürfen, dass er nicht bereit ist, mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten. Dieses Nachteilsverbot hat der brandenburgische Gesetzgeber erst in einer 2014 in Kraft getretenen Rechtsverordnung über die Arbeitszeit von Feuerwehrbeamten normiert.

Dienstherren haften für eigenen Verstoß gegen Unionsrecht

Auch auf der Grundlage des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs hat der Dienstherr aber nur die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit auszugleichen, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wird. Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich - anders als beamtenrechtliche Besoldungs- oder Versorgungsansprüche - nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen einer vorherigen Geltendmachung.

Ausgleichsanspruch muss geltend gemacht werden

Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit verrmeidbar ist. Der finanzielle Ausgleich erfolgt dabei nicht pauschal nach der Differenz zwischen der Höchstarbeitszeit und der genehmigten Zuvielarbeit. Er richtet sich vielmehr nach den vom Beamten konkret geleisteten Dienststunden.

Lesetipps:

»Was tun bei Arbeitszeitverstößen?« von Rudolf Buschmann in Der Personalrat 6/2015, S. 9-12.

»Droht eine Revision der Arbeitszeit-RL?«  von Marta Böning in Der Personalrat 6/2015, S. 17-20.

OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 18.6.2015 – OVG 6 B 19.15 – Geldausgleich für Zuvielarbeit in Der Personalrat3/2016, S. 45.

© bund-verlag.de (ck)

 

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