Kündigung

Heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs kostet Job

04. Juli 2016
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Quelle: akf_Dollarphotoclub

Wer heimlich ein vertrauliches Personalgespräch auf seinem Smartphone aufzeichnet und diese Aufnahme anschließend gegen den Arbeitgeber verwendet, verletzt seine arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflichten. In so einem Fall, kann der Arbeitgeber, ohne vorherige Abmahnung kündigen – so das LAG Rheinland-Pfalz.

In dem Fall vor dem Landesarbeitsgericht hatte sich eine als »Assistentin Kindergeld« in einer Agentur für Arbeit befristet tätige Arbeitnehmerin gegen ihre ordentliche Kündigung gewehrt. Die Arbeitsagentur hatte ihr gekündigt, nachdem sie ein Personalgespräch heimlich mit ihrem Smartphone aufgezeichnet hatte. Grund für das Personalgespräch war ihr verspätetes Erscheinen zu einer Wiedereingliederungsmaßnahme, die sie nach längerer Krankheit durchführte.

Sonderstatus der Wiedereingliederung

Das LAG Rheinland-Pfalz gab der Arbeitgeberin Recht und stellte fest, dass die Kündigung wirksam war. Auch wenn ein Wiedereingliederungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis im eigentlichen Sinn sei, da in dieser Zeit keine Arbeitsleistung erbracht würden, gelten doch die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Dazu gehören laut LAG unter anderem das Weisungsrecht, die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, Treuepflichten und auch die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht.
  • Wichtig: Da das Wiedereingliederungsverhältnis ein Rechtsverhältnis eigener Art ist, gilt eine im Arbeitsverhältnis geltende Gleitzeitregelung nicht per se auch für das Wiedereingliederungsverhältnis.

Klägerin verletzt Nebenpflichten

Die Klägerin hat laut LAG ihre arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) durch die heimliche Aufnahme des Personalgesprächs erheblich verletzt. Sie hat darüber hinaus den heimlich erstellten Gesprächsmitschnitt gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten und ein mithilfe der Aufnahme erstelltes Wortprotokoll im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Mainz (Az. 9 Ca 213/14) verwendet. Im Urteil heißt es: »Das heimliche Mitschneiden des Gesprächs durch die Klägerin ist rechtswidrig, weil aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auch das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes folgt. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG schützt auch Rechtspositionen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit notwendig sind. Dazu gehört in bestimmten Grenzen, ebenso wie das Recht am eigenen Bild, das Recht am gesprochenen Wort. Deshalb darf grundsätzlich jedermann selbst und allein bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll sowie ob und vor wem seine auf einen Tonträger aufgenommene Stimme wieder abgespielt werden darf (BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 1973 – 2 BvR 454/71 – NJW 1973, 891).«

Kein heimlicher Mitschnitt zu Beweiszwecken

Die Arbeitnehmerin hatte sich darauf berufen, den Mitschnitt des Personalgesprächs angefertigt zu haben, um beweisen zu können, dass der Arbeitgeber bzw. der Vorgesetzte sie dazu drängen wollte, das Scheitern der Wiedereingliederung einzugestehen.

Unabhängig von der Glaubwürdigkeit des Vortrags betonte das Gericht, dass die Klägerin ihr Einverständnis zum Abbruch der Wiedereingliederung nicht erklären muss. Der Arbeitgeber kann wegen der freiwilligen Durchführung dieses Instruments auch selbst entscheiden, ob er die Maßnahme beendet.

Da die Arbeitnehmerin nicht berechtigt war, das Gespräch aufzuzeichnen, war die Kündigung gerechtfertigt – sofern sie verhältnismäßig war, was das Gericht feststellte. Zunächst einmal sei ein Arbeitgeber nicht verpflichtet, seine Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass sie keine heimlichen Aufnahmen anfertigen dürften – er müsse davon ausgehen, dass dieses Verbot – zumal auch strafrechtlich relevant – allgemein bekannt sei.

Kündigung war verhältnismäßig

Die Kündigung war auch nicht unverhältnismäßig, weil der Arbeitgeber seiner Mitarbeiterin einen anderen Arbeitsplatz – der zweifellos vorhanden war – zuweisen konnte. Das Vertrauensverhältnis sei aufgrund des Verhaltens so gestört gewesen, dass eine Weiterbeschäftigung nicht in Frage kam. Die Pflichtverletzungen waren der Klägerin auch vorwerfbar, weil sie ihr Verhalten sowohl beim Mitschnitt des Gesprächs als auch bei der späteren Verwendung bewusst gesteuert hatte. Sie hatte nämlich nach eigenen Angaben das vertrauliche Personalgespräch gezielt mitgeschnitten, um in einer aus ihrer Sicht möglichen späteren prozessualen Auseinandersetzung ein Beweismittel über den Inhalt des Gesprächs in der Hand zu haben – dieses Verhalten würde sogar eine außerordentliche Kündigung erlauben.

In die Interessenabwägung für die Kündigung hatte der Arbeitgeber laut LAG die bestehende Situation – längere Krankheit, Konflikte zwischen Mitarbeiterin und vorgesetzten bereits während der vorherigen Ausbildung – das Alter (31) und die Berufschancen der Mitarbeiterin einbezogen und war zum richtigen Schluss gekommen, dass die Kündigung gerechtfertigt sei.

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Arbeitsunfähigkeit – Wiedereingliederung ist mehr als ein Arbeitsversuch«

© bund-verlag.de (mst)  
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