Arbeits- und Gesundheitsschutz

Herausforderungen für digitale Arbeitsplätze

24. Februar 2017
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Quelle: © Kim Schneider / Foto Dollar Club

Der technische Fortschritt eilt voran und macht vor der Arbeitswelt nicht halt. Die Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit bietet Chancen – birgt aber auch Gefahren. Die Fachzeitschrift »Computer und Arbeit« (CuA) 2/2017 hat den Fachanwalt für Arbeitsrecht Marc-Oliver Schulze befragt. Er sagt, worauf wir uns einstellen müssen.

Welche Herausforderungen kommen auf Interessenvertretungen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt zu?

: Den betrieblichen Interessenvertretungen wird viel abverlangt. Es ist nicht immer einfach, die verschiedenen Vorstellungen von Arbeitgeber und Belegschaft, aber auch unter den Beschäftigten selbst, unter einen Hut zu bringen. Neue, innovative Ideen sind gefragt. Nicht selten gilt es, Arbeitnehmer vor sich selbst zu schützen. Andererseits sollten die sich ergebenden Chancen genutzt werden. Betriebs- und Personalräte sind in jedem Falle gefordert, den Arbeits- und Gesundheitsschutz im digitalen Zeitalter aktiv mitzugestalten.

Und wenn der Arbeitgeber nicht bereit ist, die Belegschaftsvertretung einzubinden?

:

Das Ganze ist kein Wunschkonzert. Das Betriebsverfassungsrecht gibt den Arbeitnehmervertretern umfangreiche Beteiligungsrechte an die Hand. So kommt Betriebsräten nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei allen betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz zu, die der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Rahmenvorschriften zu treffen hat und die ihm bei der konkreten Ausgestaltung Handlungsspielräume überlassen. Notfalls darf auch der Weg in die Einigungsstelle nicht gescheut werden.

Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben es Arbeitgebern, quasi rund um die Uhr auf ihre Mitarbeiter zuzugreifen. Kann das im Sinne der Beschäftigten sein?

: In der Tat: Es kommt häufig vor, dass zu Hause auf dem Sofa noch die beruflichen E-Mails bearbeitet werden. Die Trennung zwischen Privat- und Berufsleben wird dadurch aufgehoben. Für die einen Fluch, für die anderen möglicherweise Segen. Die Beschäftigten haben dadurch die Möglichkeit, flexibler mit ihren privaten Terminen umzugehen. So können sie etwa nachmittags ihre Kinder abholen und danach die Arbeit zu Hause fortsetzen. Um den negativen Folgen entgegenzuwirken, bedarf es klarer Regelungen – insbesondere ein Recht auf Nichterreichbarkeit. Aber wir dürfen uns nichts vormachen: Durch die neuen Medien ist Arbeit allgegenwärtig. Wir müssen damit klarkommen, dass Leben ein integrierender Bestandteil von Arbeit ist und umgekehrt. Die Work-Life-Balance wird zur Work-Life-Integration und -Interaktion. Von dem Gedanken »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen« müssen wir uns schrittweise verabschieden.

Was kann Belegschaftsvertretungen insoweit geraten werden?

: Für moderne Arbeitsmodelle wie mobile Arbeit und Homeoffice sind faire und klare Regelungen zu schaffen. Alle neuen Modelle passen aber nicht für alle Menschen. Gut gestaltete Betriebsvereinbarungen, maßgeschneidert auf die verschiedenen Anforderungen, sind deshalb unerlässlich. Ganz entscheidend: Die erbrachte Arbeitszeit muss auch vergütet werden. Bei aller Flexibilität, die sowohl von den Arbeitgebern als auch von den Beschäftigten gefordert wird, bedarf es verlässlicher Leitplanken. Konkrete Lösungen sind gefragt.

Mehr lesen  Sie im Magazin der »Computer und Arbeit« (CuA) 2/2017, S. 6 f. Noch der »Computer und Arbeit« (CuA)? Jetzt zwei Ausgaben kostenfrei testen!

© bund-verlag.de (ol)  

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