Hartz IV

Auto-Darlehen zur Jobsicherung

29. Mai 2015

Eine Pflegehelferin kann verlangen, dass ihr das Jobcenter ein Darlehen zum Kauf eines (gebrauchten) Pkw gewährt. Vorausgesetzt, sie benötigt den Wagen, um ihren Arbeitsplatz zu erhalten – so das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen.

Pflegehelferin benötigt PKW zur Arbeit

Die im Landkreis Schaumburg lebende Antragstellerin ist seit Januar 2015 bei einer Leiharbeitsfirma als Pflegehelferin beschäftigt und bezieht ergänzend zu ihrem Lohn Leistungen nach dem SGB II.

Um zu den verschiedenen Arbeitsorten zu gelangen, nutzt die Klägerin ihren privaten PKW. Am 1.03,2015, einem Sonntag, informierte die Antragstellerin das Jobcenter (die Antragsgegnerin) per Mail darüber, dass ihr Auto am Vortag endgültig liegen geblieben sei und eine Reparatur 1000 Euro kosten werde.

Jobcenter glaubt nicht an Bedürftigkeit

Sie benötige für ihre Arbeit einen privaten PKW und bitte um Unterstützung bei der Vermeidung der drohenden Arbeitslosigkeit. Am Folgetag beantragte die Antragstellerin telefonisch beim Jobcenter ein Darlehen zum Kauf eines neuen PKW. Den PKW erwarb sie an demselben Tag für 2400 Euro. Dabei gab sie ihr altes Fahrzeug gegen 400 Euro in Zahlung.

Das Jobcenter lehnte die Gewährung eines Darlehns ab, da es unter anderem davon ausging, dass der Antragstellerin das Geld für den Kauf des Autos zur Verfügung gestanden habe und es dem Verkäufer bereits übergeben worden sei. Sie beantragte beim Sozialgericht Hannover einstweiligen Rechtsschutz.

Sozialgericht lehnt Antrag ab

Die Antragstellerin machte geltend, aufgrund der Aussagen des Jobcentermitarbeiters sei sie davon ausgegangen, dass sie die Förderung erhalten werde. Dies habe sie dem Autohändler erzählt.

Das SG hat die Gewährung des Darlehens im Rahmen des Eilverfahrens abgelehnt, da die Antragstellerin einen Anspruch auf die Darlehnsgewährung nur bei einer Ermessensreduzierung auf null habe.

LSG erkennt der Arbeitnehmerin Anspruch auf Darlehen zu

In zweiter entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen zu Gunsten der Pflegehelferin: Das Jobcenter muss der Arbeitnehmerin vorläufig ein Darlehen zur Anschaffung eines PKW gewähren, wenn ihr andernfalls Arbeitslosigkeit droht.

Im konkreten Fall war der PKW zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich und die Anschaffung nicht von vornherein unwirtschaftlich.

Dabei ging das Gericht entsprechend der eidesstattlichen Versicherung der Arbeitnehmerin davon aus, dass sich der Verkäufer des Autos darauf eingelassen habe, zunächst nur das alte Auto in Zahlung zu nehmen und auf die kurzfristig folgende Zahlung des Jobcenters zu warten.

Jobcenter hat Ermessen falsch ausgeübt

Das LSG führte weiter aus, dass es zwar grundsätzlich eine Ermessensentscheidung des Leistungsträgers sei, ob ein Darlehen nach § 16 f SGB II gewährt werde. Hier habe das Jobcenter aber das Ermessen fehlerhaft ausgeübt, da die individuelle - auch die familiäre - Situation der Antragstellerin nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.

Da die Antragstellerin bei ihrem Arbeitsverhältnis auf einen PKW angewiesen sei und sonst der Arbeitsplatzverlust drohe, sei es dem Jobcenter im Rahmen einer Folgenabwägung zuzumuten, ein Darlehen zu gewähren, zumal sich die Antragstellerin mit der Rückzahlung in monatlichen Raten von 200 Euro einverstanden erklärt habe.

Leistungen auch bei drohendem Verlust des Arbeitsplatzes

Der 11. Senat des LSG hat weiter ausgeführt, dass § 16 f SGB II dem Jobcenter die Möglichkeit gebe, Eingliederungsleistungen auch präventiv zur Abwendung des Arbeitsplatzverlustes zu erbringen.

Dies gelte auch dann, wenn trotz Erwerbstätigkeit weiter Hilfebedürftigkeit bestehe. Im Rahmen der freien Förderung komme auch grundsätzlich eine Darlehensgewährung zum Erwerb eines PKW in Betracht.

Die Antragstellerin und ihr Arbeitgeber hätten auch glaubhaft gemacht, dass für ihre Arbeitseinsätze Mobilität mit einem PKW zwingend erforderlich sei. Ob der gekaufte PKW marktpreisgerecht sei, müsse im Hauptsacheverfahren überprüft werden. Eine PKW Anschaffung für 2400 Euro erscheine jedenfalls nicht von vornherein unwirtschaftlich.

Quelle:
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.05.2015 –
Aktenzeichen L 11 AS 676/15 B ER.
LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung vom 22.05.2015

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