Schulungskosten

Immer erst die Rechnung abwarten

09. Oktober 2018
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Quelle: © Marco2811 / Foto Dollar Club

Lehnt das Gericht die Zahlungspflicht des Arbeitgebers für ein Seminar einmal rechtskräftig ab, ist dies bindend. Der Arbeitgeber ist auch dann aus dem Schneider, wenn der Seminaranbieter die Rechnung später dem Betriebsrat selbst schickt. Von Jens Pfanne.

Der aus sieben Mitgliedern bestehende Betriebsrat in einem Unternehmen hat beschlossen, zwei seiner Mitglieder zu der Schulungsveranstaltung »Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats in der Praxis« zu entsenden.

Der Veranstalter der Schulung hat dem Arbeitgeber im Anschluss eine Rechnung über 4.721 Euro übermittelt und zur Zahlung der Kosten aufgefordert. Allerdings weigerte sich der Arbeitgeber die Rechnung zu begleichen. Daraufhin hat sowohl der Betriebsrat als auch die entsandten Mitglieder beim Arbeitsgericht beantragt, den Arbeitgeber zu verpflichten die Mitarbeitervertretung von den Kosten freizustellen.

Das Arbeitsgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Betriebsrat keinen Anspruch auf Kostenfreistellung gegenüber dem Arbeitgeber hat. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass der Betriebsrat bislang noch gar nicht wegen der Schulungskosten vom Veranstalter in Anspruch genommen wurde. Eine Rechnung war bisher nur an den Arbeitgeber gegangen. Der abweisende Beschluss des Arbeitsgerichts wurde rechtskräftig.

Im Anschluss an diese Entscheidung hat der Schulungsveranstalter eine weitere Rechnung über 4.721 Euro an den Betriebsrat gerichtet. In einem neuen Verfahren wollte der Betriebsrat nun erreichen, dass er durch den Arbeitgeber von den Kosten freigestellt wird.

Erste Entscheidung verhindert Kostenübernahme

Aber auch in dem weiteren Verfahren konnte der Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht mit seinem Anliegen nicht durchdringen. Den neu gestellten Antrag hat das Gericht als unzulässig abgelehnt, da über den Anspruch des Betriebsrats schon vorher rechtskräftig entschieden wurde. Da die Beteiligten des Verfahrens identisch sind und die gleiche Frage schon im Vorverfahren gestellt wurde, kann das Gericht nicht noch einmal zu dem gleichen Sachverhalt angerufen werden. Dies verhindert der sog. Einwand der Rechtskraft. Durch diesen Grundsatz im Verfahrensrecht soll verhindert werden, dass es zu sich widersprechenden Entscheidungen kommt.

Von Schulungskosten freigestellt

Da die Aufgaben der Betriebsräte vielseitig und komplex sind, sind Schulungs- und Bildungsmaßnahmen erforderlich. Dies gilt insbesondere für neu gewählte Mitglieder. Dazu finden sich im BetrVG ausdrückliche Regelungen über die Arbeitsbefreiung von Betriebsratsmitgliedern zu diesem Zweck. Des Weiteren hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die durch die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an solchen Schulungsmaßnahmen entstehen, sofern sie für die Arbeit des Betriebsrats erforderliche Kenntnisse ermitteln (§ 40 BetrVG). Dazu gehören auch die Kosten der Schulungsveranstaltung inklusive Übernachtung und Verpflegung. Da der Betriebsrat selbst nicht vermögensfähig ist, hat er gegen den Arbeitgeber in der Regel einen Anspruch auf Übernahme der entstandenen Kosten durch Freistellung gegenüber dem Schulungsträger.

Rechnung an den Betriebsrat

Für den Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von der Kostenrechnung eines Schulungsträgers ist es Voraussetzung, dass der Betriebsrat wegen der Schulungskosten überhaupt in Anspruch genommen worden ist. Die Rechnung muss also zunächst an den Betriebsrat gerichtet sein. Hierbei handelt es sich um Merkmal, dass den Freistellungsanspruch erst begründet. Fehlt eine solche Rechnung an den Betriebsrat, wird der Antrag auf Freistellung gegen den Arbeitgeber als unbegründet abgewiesen. Der Veranstalter einer Schulung sollte also zwingend darauf achten, dass die Kostenrechnung an den Betriebsrat übersandt wird. Ist dies nicht erfolgt, sollte vor einer gerichtlichen Geltendmachung dies unbedingt nachgeholt werden.

Ansprüche können abgetreten werden

Der Betriebsrat kann den Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber an den Schulungsveranstalter oder an die Gewerkschaft abtreten – aber erst nachdem er wegen der Kosten in Anspruch genommen wurde. Dadurch wird der Betriebsrat von der Schuld befreit und der Gläubiger kann dann »auf eigene Faust« seine Zahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber einklagen. Für die Abtretung ist ein wirksamer Beschluss des Betriebsrats erforderlich. Unter Umständen wäre eine Abtretung der Kostenforderung im vorliegenden Fall eine notwendige Maßnahme gewesen, um den Wirkungen der Rechtskraft zu entgehen und den Arbeitgeber doch noch zur Zahlung zu verpflichten.

Jens Pfanne, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG Hessen (07.05.2018)
Aktenzeichen 16 TaBV 64/17
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 10.10.2018.
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