Mitbestimmung

Beim Einführen von MS Office 365 bestimmt der Gesamtbetriebsrat mit

03. August 2022
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Quelle: © littlestocker / Foto Dollar Club

Führt ein Unternehmen zentral und für alle Betriebe Microsoft Office 365 ein, besteht wegen der Kontrollmöglichkeiten ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Dieses steht allein dem Gesamtbetriebsrat zu, bestätigt nun auch das BAG. Die Rechtsprechung ist auch auf Personalräte übertragbar.

Das war der Fall

Der Arbeitgeber eines Gemeinschaftsbetriebs mit mehr als 2000 Mitarbeitern beabsichtigt, Microsoft Office 365 in allen Betrieben seines Unternehmens einzuführen. Microsoft Office 365 ist ein aus verschiedenen Komponenten bestehendes Softwaresystem, das auf einer cloud-Nutzung basiert. Genutzt werden sollen die Microsoft-Produkte Teams, Yammer, Office Pro Plus, Sway, Planner, Stream, Flow Forms, Power Apps und ToDo.

Der Arbeitgeber vereinbarte die Softwareinführung mit dem Gesamtbetriebsrat. Dagegen wendet sich einer der örtlichen Betriebsräte. Er sei für die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zuständig.Die Klage des örtlichen Betriebsrats wurde in allen Instanzen zurückgewiesen (zuletzt LAG Köln vom 21.5.2021 – 9 TaBV 28/20).

Das sagt das BAG

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt die Entscheidung aus Köln: Zwar sei die Einführung von Microsoft Office 365 mitbestimmungspflichtig. Zuständig ist allerdings der Gesamtbetriebsrat.

Die Gründe des Gerichts:

  • Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Software ist dazu geeignet, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Ob der Arbeitgeber diese Funktion tatsächlich nutzt, ist nach Ansicht des Gerichts unerheblich. Die objektive Eignung reicht aus, um die Mitbestimmung auszulösen.
  • Für die Ausübung der Mitbestimmung ist allerdings der Gesamtbetriebsrat zuständig.  Dies ergebe sich aus dem zwingenden Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche und betriebsübergreifende Regelung bei Einführung einer solchen Software.
  • Der Einsatz von Microsoft Office 365 kann bei einer Datenspeicherung in der cloud und der zentralen Administration des Systems aus technischen Gründen nur unternehmenseinheitlich geregelt werden, weil die Administratoren dann über zentrale Zugriffs- und Auswertungsmöglichkeiten in Bezug auf die für Arbeitnehmer aller Betriebe erfassten Daten verfügen.
  • Zudem besteht keine Möglichkeit, die verschiedenen Module von Microsoft Office 365 derart unterschiedlich zu administrieren, dass das technisch zwingende Erfordernis einer unternehmenseinheitlichen Regelung entfiele.

Das müssen Betriebs- und Personalräte beachten

  • Dass dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung von MS 365 zusteht, war nicht wirklich zweifelhaft. Wichtiger ist wohl die Feststellung, dass bei Bestehen eines Gesamtbetriebsrats dieser die Mitbestimmung ausübt, nicht der jeweils örtliche Betriebsrat. Das setzt allerdings voraus, dass es sich um eine Angelegenheit handelt, die das Gesamtunternehmen oder jedenfalls mehrere Betriebe betrifft und nicht durch einzelne Betriebsräte geregelt werden kann. Das heißt: MS 365 unterliegt dann der Mitbestimmung des GBR, sobald die Software cloudbasiert unternehmensweit eingeführt und betriebsübergreifend zentral administriert wird.
     
  • Auch der Personalrat hat nach § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG (und entsprechenden Regelungen der Länder) ein Mitbestimmungsrecht beim Einführen und Anwenden von »technischem Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen«. Für die Frage, ob ein Stufen-Personalrat oder das örtliche Gremium der Dienststelle zuständig ist, wird es wie bei den Betriebsräten darauf ankommen, welche dienstliche Ebene die Einführung der Software anordnet und die Modalitäten ihres Einsatzes bestimmt.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

BAG (08.03.2022)
Aktenzeichen 1 ABR 20/21
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