Aufnahme in die Wählerliste ist nicht erzwingbar
Darum geht es
Der Rechtsstreit betrifft die Betriebsratswahlen 2022 bei der Takeaway Express GmbH Berlin, einem Transportdienstleister für Lebensmittel. Dem Arbeitsgericht Berlin lag ein Antrag vor, den Wahlvorstand zu verpflichten, 24 namentlich benannte Personen aus dem Bereich "Staff" des Hub Berlin in die Wählerliste der Betriebsratswahl aufzunehmen. Als "Hub"bezeichnet man den zentralen Umschlagplatz eines Transportdienstleisters, d.h. ein Logistikzentrum.
Der Wahlvorstand hatte dies zuvor abgelehnt. Der Antrag wurde dann beim Gericht damit begründet, dass es sich bei diesem Personenkreis um Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen handele, die dem Betrieb zugehören würden. Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin wies den Antrag ab und verwies auf die Möglichkeit einer späteren Wahlanfechtung (ArbG Berlin, 14. Juli 2022 – 38 BVGa 6553/22).
Das sagt das Gericht
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat nach mündlicher Anhörung auch die Beschwerde gegen den Beschluss zurückgewiesen.
Zwar könne es zulässig sein, fehlerhafte Handlungen des Wahlvorstandes auch im Vorfeld der Betriebsratswahl noch gerichtlich zu korrigieren, so die Richter.
Allerdings ist ein Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung nur dann gegeben, wenn durch die Korrektur des Wahlfehlers eine erfolgreiche Wahlanfechtung mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Dabei kommt es auch auf rechtliche Unsicherheiten an.
Die Aufnahme in die Wählerliste wäre im Zeitpunkt der Entscheidung der Beschwerdekammer zwar gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 WO noch möglich gewesen. Dies würde das jedoch nicht dazu führen, dass eine erfolgreiche Wahlanfechtung mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Denn, wie im Verfahren vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz bekannt geworden ist, streiten die Beteiligten mittlerweile noch um einen weiteren – möglichen – Fehler des Wahlvorstandes, nämlich die Nichtzulassung eines Wahlvorschlages. Auch ein in jenem Verfahren erklärter Rechtsmittelverzicht schließe ein Wahlanfechtung aus.
Da es somit an einem Verfügungsgrund fehlt, bleiben die Nichtaufnahme der 24 Antragsteller - und gegebenenfalls die Überprüfung des abgelehnten Wahlvorschlags – dem Wahlanfechtungsverfahren gemäß § 19 BetrVG vorbehalten.
Hinweis für die Praxis
Die Entscheidung zeigt wieder, dass die Arbeitsgerichte eine bereits laufende Betriebsratswahl möglichst vor Eingriffen schützen. Dabei wird dem Wahlvorstand ein Ermessensspielraum eingeräumt. Umgekehrt bedeutet dies allerdings, dass nach der Wahl in einem Wahanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG wirklich jede Entscheidung oder Unterlassung des Wahlvorstands noch einmal auf den Prüfstand kommen kann.
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Quelle
Aktenzeichen 8 Ta 793/22
LAG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung Nr. 16/22 vom 26.07.2022