Disziplinarverfahren

Belästigung von Praktikantin: Dienstpflichten enden nicht mit Dienstschluss

23. April 2024
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Quelle: MarcelS_Dollarphotoclub

Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Beamten zurückgestuft und eine Beförderungssperre verhängt, nachdem dieser eine Praktikantin bei einem gemeinsamen Abendessen belästigt hatte. Obwohl sich der Vorfall formal nach Dienstschluss ereignete, begründet er dennoch ein Dienstvergehen, da er geeignet ist, das Vertrauen in das Amt oder Ansehen des Beamten bedeutsam zu beeinträchtigen.

Das war der Fall

Eine Praktikantin war dienstlich mit ihrem Vorgesetzen unterwegs, dem sie Rahmen ihres Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Dienst zugewiesen war. Nach einem anschließenden Weihnachtsmarktbesuch lud er sie in ein Restaurant ein. Dort kamen sie überein, dass ihre Dienstzeit nun offiziell vorbei sei. Der Beamte fragte die Praktikantin daraufhin nach ihrem Sexualleben und entsprechenden Vorlieben aus und bot ihr einen gemeinsamen Swinger-Clubbesuch mit ihm und seiner Frau an. Bei der Verabschiedung umarmte er sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Diesen Sachverhalt schilderte die Praktikantin dem zuständigen stellvertretenden Sachgebietsleiter. Der Dienstherr erhob daraufhin eine Disziplinarklage gegen den Beamten. Die Behörde beantragte die Rückstufung des Beamten.

Das sagt das Gericht

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) sieht in dem Verhalten des Beamten ein Dienstvergehen. Nach § 77 Bundesbeamtengesetz (BBG) liegt ein Dienstvergehen vor, wenn Beamte rechtswidrig und schuldhaft gegen ihre Pflichten aus dem Dienstverhältnis verstoßen. Hier hat der Beamte durch sein Verhalten gegenüber der Praktikantin seine dienstliche Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verletzt.

Außerhalb der Dienstzeit bedeutet nicht automatisch außerhalb des Dienstes

Ein Dienstvergehen setzt grundsätzlich voraus, dass der Beamte seine Pflichten während der Ausübung des Dienstes verletzt. Die Grenze zwischen inner- und außerdienstlichem Verhalten ist aber nicht automatisch mit dem formalen Dienstschluss gezogen. Vielmehr kommt es darauf an, ob das pflichtwidrige Verhalten mit dem Amt und den dienstlichen Pflichten verknüpft gewesen ist.

Laut BVerwG bestand hier dieser dienstliche Zusammenhang, weil der Beamte den dienstlichen Anlass gezielt genutzt hatte, um die Praktikantin zum gemeinsamen Abendessen zu bewegen. Nur aufgrund der »Verschleierungsmaßnahme« des vorigen dienstlich geprägten Besuchs des Weihnachtsmarkts und damit unter Ausnutzung des dienstlichen Kontexts konnte der Beamte die Praktikantin zum nachfolgenden Restaurantbesuch bewegen. Und gerade wegen des engen dienstlichen Zusammenhangs und ihrer untergeordneten Stellung als Praktikantin sei die Betroffene daran gehindert gewesen, so zu reagieren, wie sie eigentlich hätte reagieren wollen, und das Gespräch zu beenden.

Schwere des Dienstvergehens entscheidend für Disziplinarmaßnahme

Welche Folgen das Vergehen hat, richtet sich primär nach der Schwere des Dienstvergehens. Daneben sind die Persönlichkeit des Beamten sowie der Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens in den Beamten zu berücksichtigen. Hierbei ist abzuwägen, ob der Dienstherr aus objektiver Sicht noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte seine Pflichten aus dem Dienstverhältnis in Zukunft ordnungsgemäß erfüllen wird.

Das BVerwG ordnet das Verhalten des Beamten als mittleres Dienstvergehen ein und stufte den Beamten um eine Stufe zurück und verhängte gleichzeitig ein Beförderungsverbot von vier Jahren (§ 9 Bundesdisziplinargesetz). Zulasten des Beamten wertete das Gericht, dass er sich gegenüber der Praktikantin sowohl verbal als auch körperlich unangemessen und grenzüberschreitend verhalten hatte. Bislang hatte sich der Beamte korrekt verhalten, was das Gericht entlastend berücksichtigt hat. Das genüge aber nicht, um einen geringeren Schweregrad des Vergehens anzunehmen.

Praxishinweis

Das Verhalten von Beamen innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Außerdienstliches Fehlverhalten kann zwar nur unter strengen Voraussetzungen zu einem Fehlverhalten führen. Auch außerhalb der Dienststelle oder nach Dienstschluss kann aber aufgrund des Zusammenhangs mit dem Amt noch eine innerdienstliche Handlung vorliegen.

© bund-verlag.de (cs)

Quelle

BVerwG (01.02.2024)
Aktenzeichen 2 A 7.23
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