Buchrezension

Künstliche Intelligenz - Praktische Hilfen für Betriebsräte

Praxishandbuch KI
Quelle: Bund-Verlag

Systeme mit künstlicher Intelligenz (KI) verändern die Arbeitswelt massiv. Es braucht konkrete Arbeitshilfen für Betriebsräte, die den Wandel mitgestalten wollen. Aus Sicht der Praxis rezensiert Walter Lochmann, BTQ Kassel, das neue Praxishandbuch »Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt« von Petra Höfers und Lothar Schröder.

Durch die Einführung und Nutzung von Systemen mit künstlicher Intelligenz (KI) wird die Arbeitswelt massiv verändert und für Arbeitgeber, Betriebsräte und Beschäftigte gibt es vielfältige Herausforderungen –sowohl im prekären Bereich von Beschäftigung als auch bei der Beschäftigung im qualifizierten Bereich.

Ex-ver.di-Vorstand Lothar Schröder und die Mitbestimmungsexpertin Petra Höfers gehen in ihrem Handbuch davon aus, dass KI-Systeme sensorische Fähigkeiten haben, die die menschlichen bei weitem übersteigen. Dadurch, dass Maschinen nun dazulernen, verändern sie sich fortlaufend. Sie beschleunigen Prozesse im Betrieb und haben die Fähigkeiten Daten zu analysieren und zu nutzen, in einer Geschwindigkeit, bei der Menschen nicht mithalten können. Dieses Szenario birgt riesiges Potenzial, aber eben auch eine Menge rechtlicher, sozialer und ethischer Fragen. Vor diesem Hintergrund hat das Autor:innenteam ein umfassendes Praxishandbuch über KI in der Arbeitswelt vorgelegt, auf 452 Seiten handhabbar gemacht und in 39 Kapitel gegliedert.

Strukturiert nach praktischen Problemstellungen

Für Praktiker:innen ist hilfreich, dass je nach Kenntnisstand und den betrieblichen Notwendigkeiten ein „schnelles Lesen“ möglich ist, weil das Handbuch sinnvoll nach den Suchbegriffen „Was?“, „Warum?“, „Wofür?“, „Wie?“ und „Womit?“ gegliedert ist und zitierfähiges Argumentationsmaterial geliefert wird. Wenn Transparenz und Verständlichkeit fehlt, sind die Sorgen und Ängste von Beschäftigten berechtigt. Am Beispiel eines Berliner Fahrradkuriers wird veranschaulicht, wie „wenig rücksichtsvoll seine KI-gestützte App seine Touren disponiert“. KI hat kein Verständnis, weder für die „tiefen Augenränder“ des Fahrers, der sich trotz Krankheit zur Arbeit schleppt noch dafür, wenn er einer „älteren gehbehinderten Dame das Essen in die vierte Etage trägt und deshalb Zeit verliert.“ Es gibt scheinbar keine Grenzen des Zumutbaren. Es „zählen nur Effizienz und Effektivität.“ (S. 57)

Checklisten und Prüffragen

Trotz diese unbestreitbaren negativen Auswirkungen und Risiken des KI-Einsatzes wirbt das Buch dafür, mit KI gute Arbeit zu sichern und zu fördern und Systeme zu fördern, die von den Beschäftigten als nützlich und hilfreich empfunden werden (S.67) Das Praxishandbuch bietet Checklisten und Prüffragen zur Gestaltung von KI-Systemen in den Betrieben und Verwaltungen. Es vermittelt Qualitätsfaktoren und Vorgehensmodelle. Das Wesen von KI-Anwendungen wird anschaulich erläutert und technische, ethische und soziale Zusammenhänge verständlich gemacht.

Künstliche Intelligenz mitgestalten

Die Autor:innen bieten einen stimmigen Regulierungsrahmen für KI, der die verschiedenen Aspekte und Interessensgruppen im Dialog zusammenführt. Sie nehmen menschliche Werte zum Maßstab für künstliche Intelligenz und geben Orientierung sowohl in den Rechtsgrundlagen wie auch in der Ethik. Grundsätzlich empfiehlt das Autor:innenteam, folgende Fragen zu klären und im Rahmen einer Betriebs- und/oder Prozessvereinbarung zu regeln:

  • wieviel Entscheidungsautonomie der Maschine zugebilligt werden soll,
  • wie hoch das Schädigungspotenzial für die Persönlichkeitsrechte ausfallen könnte und
  • ob die Entscheidungen, die eine KI treffen soll, grundrechtsrelevant sind (hierzu insbesondere S 87 ff).

Die Empfehlungen helfen dabei, sich zu informieren, Gestaltungsaspekte zu priorisieren, Mitbestimmungskonzepte zu operationalisieren und mit lernenden Maschinen zu experimentieren.

Klassifiziert für die Mitbestimmung

Für die betriebsrätliche Praxis gibt es auf den Seiten 388f eine sehr hilfreiche Klassifizierung. Die 5 Kategorien reichen von grün (kein Risiko, kann eingesetzt werden) über gelb (geringes, mittleres, hohes Risiko, kann mit Einschränkungen und entsprechenden Vereinbarungen genutzt werden) bis rot (sehr hohes Risiko, Einsatz nicht möglich). Diese sog. Kritikalitätseinstufung Einteilung sollte überprüft werden, ob sie sich als stimmig erwiesen hat und das gesamte Verfahren soll in festgelegten Zeitintervallen evaluiert werden (S. 212f).

Die Autor:innen zielen mit ihrem „KI-Lagom“ darauf ab, einen Dialog zu initiieren, der auf Balance ausgerichtet ist und einen Ordnungsrahmen für die Suche bietet (S. 183 ff). Gastbeiträge von Christiane Benner (stellvertretende Vorsitzende IG Metall), Karl-Heinz Brandl (Projektleiter BeDaX), Frank Bsirske (ver.di-Vorsitzender bis 2019), Reiner Hoffmann (Vorsitzender des DGB), Markus Hoppe (INPUT Consulting gGmbH) und Christoph Schmitz (ver.di Bundesvorstand) runden den informativen und für betriebliche Praktiker:innen unbedingt zu empfehlenden Band ab.

Autor:

Walter Lochmann

Projektleiter Künstliche Intelligenz

BTQ Kassel im ver.di Bildungswerk Hessen e.V.

www.btq-kassel.de

Lesetipp:

Lothar Schröder, Petra Höfers: Praxishandbuch Künstliche Intelligenz. Handlungsanleitungen, Praxistipps, Prüffragen, Checklisten, Bund-Verlag 2022

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© bund-verlag.de (ck)

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