Schichtarbeit

Untauglich für den Nachtdienst: Arbeitgeber muss Alternativen anbieten

06. Mai 2014

Kann eine Erwerbsperson aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten mehr übernehmen, ist sie deshalb nicht arbeitsunfähig krank. Sie hat Anspruch auf Beschäftigung ohne Nachtarbeit, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG).

Dem BAG-Urteil lag der Fall einer Krankenschwester zugrunde, doch dürfte es Wirkung in vielen Arbeitsbereichen entfalten: Das beklagte Unternehmen betreibt ein Krankenhaus mit rund 2 000 Beschäftigten. Die Klägerin ist dort seit 1983 als Krankenschwester im Schichtdienst tätig. Arbeitsvertraglich ist sie im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet.

Ungeeignet für Nachtschichten ist nicht krank
Nach einer Betriebsvereinbarung hat der Krankenhausbetreiber eine gleichmäßige Planung u. a. in Bezug auf die Schichtfolgen der Beschäftigten anzustreben. Das Pflegepersonal arbeitet im Schichtdienst mit Nachtschichten von 21.45 bis 6.15 Uhr. Die Klägerin ist gesundheitlich nicht mehr dazu in der Lage, Nachtdienste abzuleisten. Dies hat auch eine betriebsärztliche Untersuchung festgestellt.
Daraufhin schickte der Pflegedirektor die Klägerin am 12. Juni 2012 nach Hause, weil sie aufgrund ihrer Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. Die Klägerin bot ausdrücklich ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung an - mit Ausnahme von Nachtschichten. Bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts im November 2012 wurde sie jedoch trotzdem nicht weiter beschäftigt. Sie erhielt zunächst Entgeltfortzahlung und bezog dann Arbeitslosengeld.

Wiederbeschäftigung und Vergütungsnachzahlung erreicht
Die Krankenschwester klagte deshalb auf Beschäftigung und Vergütungszahlung für die Zeit der Nichtbeschäftigung und war damit erfolgreich. Die Klägerin ist weder arbeitsunfähig krank noch ist ihr die Arbeitsleistung unmöglich geworden; sie kann alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen, bekräftigte das BAG.
Die beklagte Betreiberin muss bei der Schichteinteilung künftig auf das gesundheitliche Defizit der Klägerin Rücksicht nehmen. Die Vergütung steht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu, weil sie die Arbeit ordnungsgemäß angeboten hat, die Beklagte jedoch ablehnend geblieben war.

Weitere Informationen
BAG, Urteil vom 09.04.2014 - 10 AZR 637/13, Pressemitteilung BAG Nr. 16/14 vom 09.04.2014.

Lesetipp: Dem Thema alternsgerechte Arbeit und Arbeitszeitgestaltung widmet sich das Heft „Gute Arbeit.“ 7-8/2013 , sehr ausführlich. Um Arbeitszeit und Schichtarbeit geht es u. a. im Beitrag von Barbara Jentgens (S. 30 ff des gedruckten Heftes). Registrierte Abonnenten der der Online-Ausgabe werden auf www.gutearbeit-online.de fündig. Dort sind alle Hefte ab 1/2012 archiviert, nachzulesen und auszudrucken.

© bund-verlag.de (be)

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