Arbeitsunfall

Vorgesetzter haftet für Sturz des Leiharbeiters vom Dach

31. Juli 2014

Die gesetzlichen Schutzpflichten gelten auch dann, wenn ein Arbeitnehmer vorübergehend einem anderen Unternehmen überlassen wird. Stürzt der Leiharbeiter wegen fehlender Sicherung bei den Dacharbeiten ab, kann der verantwortliche Vorgesetzte auch ohne Vorsatz haften.

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Lässt der Vorgesetzte des Entleiher-Unternehmens die Arbeiter entgegen eindeutiger Sicherheitsbestimmungen ungesichert auf dem Dach arbeiten und kommt es dabei zu einem Unfall, kann die zuständige Berufsgenossenschaft ihre unfallbedingt an den Geschädigten geleisteten Aufwendungen vom Vorgesetzten ersetzt verlangen.

Dies entschied der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Das OLG bestätigte in der Berufung die vorangehende Entscheidung des Landgerichts Mainz, das den beklagten Vorgesetzten zur Zahlung von insgesamt 942.436,13 € verurteilt hatte.

Querschnittslähmung nach Sturz vom Dach
Die mit der Errichtung des Daches eines Kantinengebäudes in Paderborn beauftragte Arbeitgeberin des Beklagten verfügte nicht über genügend eigenes Montagepersonal. Die Arbeitgeberin des Geschädigten stellte ihr daher zwei ihrer Arbeitnehmer, darunter den Geschädigten selbst, für diese Arbeiten zur Verfügung.

Verantwortlicher auf der Baustelle war der im Bezirk des Landgerichts Mainz wohnhafte Beklagte. Am 21.11.2002 verlor der Geschädigte im Verlauf der Arbeiten das Gleichgewicht und stürzte von einer Mauer 5,50 m tief auf den darunter befindlichen Betonboden. Er zog sich schwerste Schädel- und Wirbelverletzungen zu und ist seitdem querschnittsgelähmt.

Grobe Fahrlässigkeit des Vorgesetzten
Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz nun zurückgewiesen. Der Beklagte habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt und hafte gegenüber dem Sozialversicherungsträger im Wege des Rückgriffs nach § 110 Abs. 1 SGB VII. Die Unfallstelle war zum Unfallzeitpunkt nur in einzelnen Teilflächen mit Sicherheitsnetzen gegen Abstürze gesichert und entsprach nicht den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften. Hierauf war der Beklagte kurz vor dem Unfall ausdrücklich hingewiesen worden.

Fürsorgepflicht gilt auch für Leiharbeiter
Der Vorgesetzte sei als Verantwortlicher in der konkreten Situation verpflichtet gewesen, den ihm unterstellten Arbeitnehmern keine die Gesundheit gefährdenden Arbeiten zuzuweisen. Die Verpflichtung bestehe auch gegenüber Arbeitnehmern eines anderen Unternehmens, wenn sie im Rahmen einer vorübergehenden Tätigkeit im Betrieb eingesetzt würden. Seine Sorgfaltspflichten habe der Beklagte in ungewöhnlich hohem Maße verletzt.

Ersatzanspruch der Berufsgenossenschaft
Denn der Sozialversicherungsträger könne nach seinem Ermessen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers aufgrund der hier einschlägigen Regelung des § 110 Abs. 2 SGB VII auf Ersatzansprüche ganz oder teilweise verzichten. Aktuell gebe es für die klagende Berufsgenossenschaft aber auch keinen Anlass für einen derartigen Verzicht, da der Betriebshaftpflichtversicherer der Arbeitgeberin des Beklagten für den vom Beklagten verursachten Schaden einzutreten habe.

Quelle:
OLG Koblenz, Urteil vom 22.05.2014
Aktenzeichen 2 U 574/12
OLG Koblenz, Pressemitteilung vom 25.07.2014

Lesetipp der AiB-Redaktion
»Die Haftung des Arbeitgebers« von Brent Schwab in »Arbeitsrecht im Betrieb« 7-8/2012, S. 446–450 .

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