Arbeitszeit

7 Fragen zur Arbeitszeit 4.0

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Quelle: © Stauke / Foto Dollar Club

Von 9 bis 17 Uhr im Büro – das war einmal. Mobiles Arbeiten und Homeoffice sind auf dem Vormarsch. Und jeder ist überall erreichbar. Doch was ist dann noch Arbeitszeit? Und wie kann der Betriebsrat sie kontrollieren? Antworten auf die 7 wichtigsten Fragen finden Sie hier. Alles weitere in unserem Informationsdienst »Arbeitsschutz und Mitbestimmung«.

1. Warum ist die Kontrolle der Arbeitszeit durch den Betriebsrat so wichtig?

Zeiterfassung ist eigentlich Sache der Personalabteilung und damit des Arbeitgebers. Doch muss der Betriebsrat überwachen, dass alle zum Schutz der Beschäftigten geltenden Regelungen im Betrieb vom Arbeitgeber eingehalten werden. Die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vorgeschriebenen Höchstarbeitszeiten (48 Stunden pro Woche) und Ruhepausen (11 Stunden) dienen in besonderem Maß dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Die strikte Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben sollte daher immer im Fokus der Betriebsratsarbeit stehen. Von ähnlicher Bedeutung sind tarifvertragliche Regelungen zur Arbeitszeit, die jeder Betriebsrat kennen muss.

Daher benötigt der Betriebsrat vom Arbeitgeber alle Unterlagen der Zeiterfassung. Laut BAG ist der Arbeitgeber sogar verpflichtet, seinen Betrieb stets so zu organisieren, dass der Betriebsrat jederzeit die Einhaltung der Arbeitszeit-Tarifverträge und des Arbeitszeitgesetzes kontrollieren kann. Der Arbeitgeber muss neben Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit auch jede Überschreitung des 8-Stunden-Tags genau dokumentieren (§ 16 Abs. 2 ArbZG).

2. Wie erfolgt die Arbeitszeitkontrolle bei mobiler Arbeit und Homeoffice?

Das Arbeitszeitrecht gilt nicht nur für den klassischen Büroalltag, sondern für alle Formen der Arbeitszeitflexibilisierung. Auch wenn Vertrauensarbeitszeit vereinbart ist und der Beschäftigte sein Arbeitszeitkontingent selbstständig steuert, muss der Arbeitgeber Beginn und Ende der Arbeitszeit dokumentieren. Genauso die Überschreitung des 8-Stundentags. Alle Dokumente sind dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen.

Dasselbe gilt für mobile Arbeit und Arbeit im Homeoffice. Denn auch dabei handelt es sich um normale Arbeit, die nur an einem anderen Ort erledigt wird. Das heißt: auch hier ist das ArbZG anwendbar und auch hier muss der Betriebsrat über das Einhalten der Höchstarbeitsgrenzen und der Ruhepausen wachen. Nur ist das für den Betriebsrat ungleich schwerer, da der Beschäftigte weniger greifbar und – leider – häufig nicht in der Zeiterfassung ist.

Umso wichtiger ist es, dass der Arbeitgeber seiner Pflicht nachkommt und den Beschäftigten dazu anhält, Beginn und Ende der Arbeitszeit selbst zu erfassen und diese Daten dann in die Zeiterfassung im Betrieb zu übertragen oder dem Arbeitgeber vorzulegen. Die Betriebsvereinbarungen, die die flexiblen Arbeitszeitmodelle regeln, müssen konkrete Angaben dazu enthalten, wie die Zeiterfassung funktionieren soll und wie sie in die betrieblichen Systeme übertragen wird.

3. Was ist Freizeitarbeit, was echte Arbeit?

Schwierig wird es mit der Qualifizierung als »Arbeit«, wenn der Beschäftigte eigentlich im Ruhezeit-Modus zuhause ist und dennoch per Diensthandy für den Chef tätig wird. Die enorme Verbreitung dienstlicher Handys hat dieses Problem in letzter Zeit massiv verschärft. Fakt ist: die Ruhezeit wird dadurch unterbrochen, sie muss neu beginnen. Das führt dazu, dass der Beschäftigte bis zum erneuten Arbeitsbeginn häufig die erforderliche Ruhezeit von 11 Stunden (§ 5 ArbZG) nicht mehr einhalten kann.

Um der Thematik in der Praxis Herr zu werden, gibt es gehäuft die Meinung, eine »geringfügige« Unterbrechung der Freizeit sei unschädlich. Ein kurzer Anruf des Chefs, der in wenigen Minuten erledigt ist oder eine spontane Mail von zuhause aus, könnten den Erholungswert der Ruhepause nicht schmälern und stellten keine echte Unterbrechung der vorgeschriebenen Ruhepause dar. Diese Meinung kann problematisch werden, da die Abgrenzung zwischen unschädlicher und die Ruhepause fühlbar beeinträchtigender Unterbrechung schwierig sein dürfte. Im Gesetz findet sich zudem keinerlei Hinweis, dass nur fühlbare Unterbrechungen der Ruhezeit verboten sein sollen.

Zweifelsfrei keine Arbeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb außerhalb der Arbeitszeit – etwa aus Neugierde – seine Mails zuhause anschaut oder durch einen kurzen Anruf einem Kollegen eine Gefälligkeit erweist. Nur dann wird man von Freizeitarbeit sprechen, die freiwillig ist und nicht zur echten Arbeit gehört.

4. Kann der Arbeitgeber verlangen, dass jeder Beschäftigte permanent erreichbar ist?

Nein – vor allem bedeutet das Überlassen eines dienstlichen Handys an den Beschäftigten noch lange nicht, dass dieser permanent erreichbar sein muss. Es kommt vielmehr auf die konkreten Regelungen im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung an. Vermehrt finden sich allerdings dort in den Arbeitsverträgen Klauseln, die eine permanente Erreichbarkeit des Beschäftigten auch an seinen freien Tagen zur Pflicht machen. Eine gern verwendete Klausel besagt, dass der Beschäftige einmal täglich die Mailbox abhören oder in einer bestimmten Zeit telefonisch erreichbar sein muss. Diese pauschale  Vorgehensweise ist nicht zulässig – so das BAG in einem Urteil (20.6.2000 – 9 AZR 405/99).

Vielmehr müssen die Erreichbarkeitszeiten genau geregelt werden. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, dass der Beschäftigte zwischen 7.00 und 20.00 Uhr  erreichbar sein muss. Als Faustregel gilt, dass die Zeit der Erreichbarkeit ein Viertel der vereinbarten Gesamt-Arbeitszeit nicht übersteigen darf, sofern die Erreichbarkeitszeit über die reguläre Arbeitszeit hinausgeht.

5. Ist die Erreichbarkeitszeit selbst auch Arbeitszeit?

Nein. Zwar reicht häufig das bloße Wissen aus, man könne jederzeit angerufen und für bestimmte Arbeitseinsätze vorgesehen werden, um den Erholungswert der Freizeit und des Urlaubs ganz erheblich zu schmälern. Abschalten mit eingeschaltetem Smartphone funktioniert eben doch nicht so richtig gut.

Doch wird man die Zeit der »Erreichbarkeit« sicherlich nicht als Arbeitszeit werten könne. Ähnlich wie die Rufbereitschaft, die ja auch keine Arbeitszeit bedeutet, muss sich der Angestellte ja nur zum Arbeitseinsatz »bereithalten«. Allerdings hat das BAG mit guten Grund die Rufbereitschaft im Bereich der Mitbestimmung zur Arbeitszeit gezählt und ihren Umfang wie die zeitliche Lage in das Mitbestimmungsrecht einbezogen. Ähnlich wird man es auch für die Erreichbarkeit sehen müssen. Das heißt vor allem: Betriebsräte sollten klare Regeln treffen, wie es mit der Erreichbarkeit im Betrieb aussehen soll.

6. Was kann der Betriebsrat tun?

Der Betriebsrat muss vor allem darauf achten, dass eine Überforderung oder Gefährdung der Gesundheit der Beschäftigten vermieden wird. Gerade die Entgrenzung der Arbeit führt zunehmend zur Gefahr der Überlastung. Betriebsräte müssen dafür sorgen, dass niemand ungewollt außerhalb der regulären Arbeitszeit in Anspruch genommen wird.

Es muss sichergestellt werden, dass jede Arbeit – egal wo sie stattfindet – digital erfasst und dem Zeitkonto des Beschäftigten gutgeschrieben wird. Die Zeiten der Erreichbarkeit müssen in Grenzen gehalten werden. Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf Nichterreichbarkeit. Das muss geregelt werden. Dies könnten neben dem Urlaub die Zeit zwischen 20.00 Uhr und 7.00 Uhr morgens sein, wenn der Beschäftigte nicht zur Nachtarbeit verpflichtet wird.

7. Ausblick: Welche Flexibilisierungen schlägt die Arbeitgeber-Seite vor?

Vielfach ist zu hören, das aktuelle Arbeitszeitrecht sei unzeitgemäß. Kritiker verweisen auf die im ArbZG vorgeschriebene Höchstarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag (die für einen gewissen Zeitraum auf 10 Stunden ausgedehnt werden kann) und die Ruhepause von 11 Stunden zwischen den Arbeitseinsätzen. Die ist vor allem ein Problem, wenn kurze Arbeitseinsätze zuhause (das Erledigen einer Präsentation) als Arbeit qualifizieren und damit die eigentlich laufende Ruhepause unterbrechen. Dann kann die 11-Stundenvorgabe nicht eingehalten werden.

Allerdings ist zu bedenken: der 8-Stundentag stellt eine historische Errungenschaft dar. Schon jetzt kann er auf 10 Stunden ausgedehnt werden, wenn ein Ausgleich erfolgt und sichergestellt ist, dass die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten wird. Es ist keinesfalls erwiesen, dass eine weitere Flexibilisierung der Königsweg ist. Bislang hat das BMAS am 8-Stundentag festgehalten und eine Öffnung des ArbZG abgelehnt.

In Betracht kommen soll allerdings ein »Wahlarbeitszeitgesetz«, das bestimmte Kompromisse mit Blick auf den 8-Stundentag und die Ruhezeit zulassen solle. Gedacht ist derzeit laut BMAS die Öffnung als Experimentierphase für 2 Jahre.

Buchtipp: Die Inhalte des Beitrags stammen teilweise aus dem Ratgeber: Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht – Internet, Arbeit 4.0 und Crowdwork, (ISBN 978-3-7663-6690-0).