Schwerbehinderung

7 Fragen zur Beschäftigungspflicht

3D Cover SGB IX Kommentar für die Praxis 6719 Feldes Kohte Stevens 4. Auflage 2018

Arbeitgeber, die mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigen, müssen einen gesetzlich vorgeschriebenen Anteil schwerbehinderter Menschen einstellen. Wie Betriebsrat und SBV deren Interessen fördern, haben wir Ihnen in 7 Fragen zusammengestellt. Mehr erfahren Sie in unserem neuen SGB IX Kommentar.

1. Welche Arbeitgeber betrifft die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen?

Betroffen sind alle Arbeitgeber, die über mindestens 20 Arbeitsplätze im Sinne des § 156 SGB IX verfügen. Die Beschäftigungspflicht gilt sowohl für private als auch für öffentliche Arbeitgeber.

2. Wie viele schwerbehinderte Menschen müssen Arbeitgeber beschäftigen?

Grundsätzlich müssen private Arbeitgeber wenigstens 5 % der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen. Eine geringere Pflichtquote lässt der Gesetzgeber nur für Arbeitgeber mit weniger als 40 bzw. weniger als 60 Arbeitsplätzen zu.

3. Was sind die Folgen, wenn Arbeitgeber die Beschäftigungspflicht nicht erfüllen?

Beschäftigt der Arbeitgeber weniger schwerbehinderte Arbeitnehmer als vorgeschrieben, ist er zur Zahlung der Ausgleichsabgabe verpflichtet. Außerdem ist es möglich, gegen ihn ein Bußgeld zu verhängen.

4. Hat der schwerbehinderte Mensch aufgrund der Beschäftigungspflicht einen Anspruch auf Einstellung?

Nein. Aus der Beschäftigungspflicht ergibt sich kein individueller Einstellungsanspruch des schwerbehinderten Menschen gegenüber dem Arbeitgeber. Der schwerbehinderte Mensch kann auf der Grundlage der Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers nicht auf Einstellung klagen.

5. Können Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen überprüfen, ob der Arbeitgeber die Beschäftigungspflicht erfüllt?

Ja. Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen haben darauf zu achten, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht erfüllt; sie haben also den Arbeitgeber dahingehend zu überwachen. Zu diesem Zweck muss der Arbeitgeber den Interessenvertretungen je eine Abschrift folgender Unterlagen aushändigen:

  • Verzeichnis der beschäftigten schwerbehinderten, ihnen gleichgestellten und sonstigen anrechnungsfähigen Personen,
  • Anzeige an das Integrationsamt mit den Daten, die für die Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Ausgleichsabgabe notwendig sind.

Die Interessenvertretungen sind berechtigt, Verstöße des Arbeitgebers bei der Erfüllung der Beschäftigungspflicht der Bundesagentur für Arbeit mitzuteilen!

Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen haben aber nicht nur auf die Erfüllung der Beschäftigungspflicht zu achten; sie sollen auch darauf drängen, dass der Arbeitgeber die Quote für die Beschäftigungspflicht erfüllt. In § 176 SGB IX ist diese Aufgabe ausdrücklich hervorgehoben.

6. Sind in einer Inklusionsvereinbarung Regelungen zur Beschäftigungspflicht sinnvoll?

Ja. Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen können den Abschluss von Inklusionsvereinbarungen fordern. Inklusionsvereinbarungen sind besonders geeignet, die durch den Gesetzgeber geregelte Beschäftigungspflicht auf Ebene des Betriebs in konkrete Maßnahmen und überprüfbare Zielsetzungen umzusetzen.

  • Es können Regelungen zur angemessenen Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen bei der Besetzung freier, frei werdender oder neuer Stellen getroffen werden.
  • Es kann eine anzustrebende Beschäftigungsquote und deren zeitliche Umsetzung festgelegt werden, einschließlich eines angemessenen Anteils schwerbehinderter Frauen. Die gesetzliche Pflichtquote ist dann die Mindestquote!

Um erfolgversprechende Regelungen zur Förderung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen treffen zu können, sollten sich die Interessenvertretungen untereinander abstimmen. Eine Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und der im Betrieb vorhandenen Schwerbehindertenvertretung ist insbesondere in Bezug auf die Inklusionsvereinbarung ausdrücklich vom Gesetzgeber gewollt.

7. Im Rahmen welcher Rechte können die Interessenvertretungen etwa noch darauf hinwirken, die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu fördern?

Die Schwerbehindertenvertretung

  • ist bei Einstellungen durch den Arbeitgeber zu beteiligen. Dazu gehört auch die Erörterung von Bewerbungen schwerbehinderter Menschen.
  • hat zudem das Recht, an Vorstellungsgesprächen teilzunehmen, soweit sich ein schwerbehinderter Mensch beworben hat. Unter dieser Voraussetzung hat sie auch das Recht zur Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen.

Betriebsräte

  • haben im Rahmen der Wahrnehmung allgemeiner Aufgaben eigene Überwachungs- und Gestaltungsrechte: So obliegt es dem Betriebsrat, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze (wie das SGB IX) durchgeführt werden.
  • haben insbesondere die Aufgabe, die betriebliche Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern. Damit ist der Betriebsrat verpflichtet, darauf zu achten, dass ein bestimmter Teil der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt wird und dass das Unternehmen sich nicht durch Zahlung der Ausgleichsabgabe von dieser Pflicht entbindet. Der Betriebsrat muss den Arbeitgeber auf Arbeitsplätze aufmerksam machen, die möglicherweise durch entsprechende Hilfsmittel für schwerbehinderte Arbeitnehmer geeignet wären. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat seinerseits alle freigewordenen, für schwerbehinderte Arbeitnehmer geeigneten Arbeitsplätze aufzulisten.
  • können im Rahmen der Personalplanung die Frage der Beschäftigungspflicht auf die Tagesordnung setzen und mit dem Arbeitgeber erörtern.
  • haben im Rahmen der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen bei Einstellungen die Verpflichtung, zu prüfen, ob die beabsichtigte Einstellung gegen ein Gesetz verstoßen würde. So verstößt die Einstellung eines nichtschwerbehinderten Arbeitnehmers gegen eine gesetzliche Vorschrift, wenn der Arbeitgeber vor der Einstellung nicht geprüft hat, ob der freie Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt werden kann. In diesem Fall hat der Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht.

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