Gesundheitsschutz

7 Fragen zur Nachtarbeit

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Quelle: diego cervo_Dollarphotoclub

Wer nachts arbeiten muss, belastet seinen Körper. Das BAG hat die Rechte von Nachtarbeitern gerade gestärkt, indem es die Nachtzuschläge an den Mindestlohn koppelt. Hier die 7 wichtigsten Fragen zur Nachtarbeit aus unserem Informationsdienst »Arbeitsschutz und Mitbestimmung«.

1. Warum ist Nachtarbeit gesundheitsschädlicher als das Arbeiten am Tag?

Nachtarbeit bringt den natürlichen Biorhythmus des menschlichen Körpers durcheinander. Oft leiden die Betroffenen unter einem Schlafdefizit. Leistungsminderung, Kreislaufstörungen, Gereiztheit, Appetitlosigkeit sowie erhöhtes Unfallrisiko können die Folgen sein. Ungesund sind auch die dem Biorhythmus entgegenlaufenden Essenszeiten, nächtliches Kaffeetrinken zum Wachbleiben sowie Tabletten- und Alkoholkonsum zum Einschlafen. Das Familienleben außerhalb des Betriebs leidet und auch soziale Bindungen im Betrieb können schwerer gepflegt werden.

2. Welche Regeln gelten für Nachtarbeit?

Die Nachtarbeit wird geregelt durch den speziellen § 6 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Nach § 6 Abs. 2 ArbZG dürfen Nachtarbeiter maximal acht Stunden arbeiten. Die Arbeitszeit kann bis auf 10 Stunden erhöht werden, wenn innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt nicht mehr als acht Stunden täglich gearbeitet wurde.

Nach § 6 Abs. 3 ArbZG können Arbeitnehmer verlangen, von einem Arzt mit arbeitsmedizinischer Fachkunde untersucht zu werden. Bis zum Alter von 50 Jahren erfolgen diese Untersuchungen alle 3 Jahre, nach Vollendung des 50. Lebensjahrs jährlich.

Der Arbeitnehmer kann das Arbeiten in der Nachtschicht zunächst verweigern, wenn er vor Antritt eine Untersuchung verlangt hatte und die Untersuchungsergebnisse und seine Eignung für die Nachtarbeit noch nicht feststehen.

Ein Beschäftigungsverbot besteht aber nicht. Die Kosten der Untersuchung sowie die Kosten z. B. für Anfahrt, Kinderbetreuung und Verpflegung sind vom Arbeitgeber zu tragen. Der Arbeitnehmer trägt die Kosten nur dann, wenn der Arbeitgeber eine Untersuchung durch den Betriebsarzt angeboten und der Arbeitnehmer trotzdem einen anderen Arzt aufgesucht hat.

3. Müssen Nachtschichten mit einem
Zuschlag bezahlt werden?

Ja. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den in Nachtschicht tätigen Mitarbeitern für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden einen angemessenen Zuschlag zu zahlen, § 6 Abs. 5 ArbZG. Möglich ist aber auch ein Zeitausgleich durch bezahlte freie Tage.

Die Höhe eines Zuschlags liegt regelmäßig bei 25 % des Bruttostundenlohns. Eine Ausnahme davon gilt, wenn im Unternehmen durch Tarifvertrag eine andere Regelung getroffen wurde.

In einem wichtigen neuen Urteil entschied das BAG, dass auch für Nachtzuschläge der Mindestlohn als untere Basis gilt. Eine geringe tarifliche Stundenvergütung darf nicht Berechnungsgrundlage sein (BAG 20.9.2017 – 10 AZR 171/16; siehe hierzu auch die Rechtsprechung auf Seite 12 des Informationsdienstes Arbeitsschutz und Mitbestimmung, Ausgabe 12/2017).

Außerdem müssen für die Höhe des Zuschlags stets die jeweiligen Belastungen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Bei Dauernachtarbeit von LKW- Fahrern ist ein höherer Zuschlag von 30 % angemessen, bei Bereitschaftsdienst ein geringerer (BAG 9.12.2015 – 10 AZR 423/14).

4. Können Arbeitnehmer die Versetzung in die Tagschicht verlangen?

Ja. Arbeitnehmer können darauf zum einen bestehen, wenn sie aufgrund gesundheitlicher Probleme zur Nachtarbeit nicht (mehr) in der Lage sind, die geforderte Tätigkeit aber von ihnen vollumfänglich in der Tagschicht ausgeübt werden kann (§ 6 Abs. 4 ArbZG). Das BAG entschied, dass der Arbeitnehmer dann auch nicht arbeitsunfähig, sondern lediglich in der »Bandbreite« der Einsatzmöglichkeiten eingeschränkt ist (BAG 9.4.2014 – 10 AZR 637/13). Ferner können Arbeitnehmer eine Umsetzung in die Tagschicht verlangen, wenn im Haushalt ein unter 12 – jähriges Kind oder ein schwer pflegebedürftiger Angehöriger lebt und diese nicht anders versorgt werden können.

Eine Umsetzung ist aber dann nicht möglich, wenn ihr dringende betriebliche Erfordernisse entgegen stehen.

Macht der Arbeitgeber dringende betriebliche Erfordernisse gegen die Umsetzung geltend, muss der Betriebsrat dazu angehört werden (§ 6 Abs. 4 ArbZG). Der Arbeitgeber muss dann die Gründe des Umsetzungsverlangens, in Betracht kommende Tagesarbeitsplätze nennen und konkrete, der Umsetzung entgegenstehende Gründe vortragen.

5. Wer darf keinesfalls für Nachtarbeit vorgesehen werden? Gibt es Ausnahmen?

Werdenden und stillenden Müttern ist nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) eine Arbeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr grundsätzlich verboten (§ 5 Abs. 1 MuSchG). Allerdings gilt dieses Berufsverbot nicht strikt. Auf eigenen Wunsch kann die werdende Mutter durchaus in der Zeit von 20 Uhr bis 22 Uhr arbeiten, vorausgesetzt es sprechen keine medizinischen Gründe dagegen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 MuschG).

Jugendliche (14 – 18 Jahre) dürfen zwischen 20 Uhr und 6 Uhr nicht arbeiten. Ausnahmen gelten für Jugendliche über 16 Jahren in vielen Einzelbranchen (§ 14 Jugendarbeitsschutzgesetz - JArbSchG).

6. Welche Rolle spielt der Betriebsrat?

Der Betriebsrat muss zum einen überwachen, ob der Arbeitgeber die gesetzlichen Regelungen zum Gesundheitsschutz der Nachtarbeitnehmer einhält (§ 80 Abs. 1 BetrVG).

Zum anderen stehen ihm Mitbestimmungsrechte nach der Kernvorschrift des § 87 BetrVG zu. Wird Nachtschichtarbeit im Betrieb eingeführt, ausgeweitet oder beendet und die Beschäftigten in die Nachtschicht eingeteilt, dann muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen. Er hat ein Mitbestimmungs- und auch Initiativrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

Der Betriebsrat hat ferner nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungs- und Initiativrecht bei der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der angemessene Ausgleich nach dem ArbZG über zusätzliche Freizeit oder einen Nachtarbeitszuschlag erfolgt (BAG 17.1.2012 – 1 ABR 62/10). Die Vorschriften des ArbZG dienen auch dem Gesundheitsschutz, so dass hier die Mitbestimmung nach Nr. 7 eingreift. Die Zahl der zu gewährenden freien Tage oder die Höhe des zu zahlenden Zuschlags unterliegen aber nicht der Mitbestimmung, da die Angemessenheit des Ausgleichs nach billigem Ermessen durch den Arbeitgeber festgelegt wird.

Ferner besteht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wenn der Betriebsrat die Regelung von Entgeltfragen im Interesse der Nachtarbeitnehmer anstrebt.

7. Worauf sollten Betriebsräte in einer Betriebsvereinbarung achten?

Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden oder fehlt in einem Tarifvertrag eine abschließende Regelung zur Nachtarbeit, bietet sich eine Betriebsvereinbarung an. Diese sollte die mitbestimmungspflichtigen Punkte zur Nachtarbeit regeln.

Zu denken ist, je nach den konkreten betrieblichen Bedürfnissen, etwa an einen Ausgleich in Freizeit oder durch Nachtarbeitszuschläge, arbeitsmedizinische Betreuung, bezahlte Ruhe- und Essenspausen, gewährte Verpflegung, den Ausschluss von Akkordarbeit, eine Mindestbesetzung für Maschinen oder Vorschriften zum erleichterten Wechsel in die Tagarbeitsschicht (siehe hierzu auch die Muster-BV auf S. 10 des Informationsdienstes Arbeitsschutz und Mitbestimmung, Ausgabe 12/2017).

Dadurch erhält der Nachtarbeiter weitergehende Rechte, die unmittelbar gelten und gegen den Arbeitgeber durchgesetzt werden können.

Die Autorin:

Jana Lorenz, Juristin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht, Karlsruhe.

(aktualisiert am 18.3.2020 - fk)

Quelle:

Informationsdienst Arbeitsschutz und Mitbestimmung, Ausgabe 12/2017, S. 8, 9.

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