Arbeitszeit

7 Top-Themen zur Arbeitszeit

01. Februar 2021 Arbeitszeit
ArbZG Basiskommentar
Quelle: Bund-Verlag

Warum ist Zeiterfassung wichtig? Ist Betriebsratsarbeit Arbeitszeit? Kaum ein Thema ist so in Bewegung wie das Arbeitszeitrecht. Der Bund Verlag präsentiert einen neuen Basiskommentar ArbZG. Prägnant und gut verständlich legt er den Fokus auf die Mitbestimmung. Hier ein Ausblick auf ein paar Top-Themen.

1. Ist eigentlich der Begriff »Arbeitszeit« eindeutig?

Nein. Auch das ArbZG enthält keine präzise Definition. Wann Arbeitszeit beginnt, wann sie endet, was Arbeit ist und was Ruhepause, ist nicht eindeutig. Arbeitszeit wird als die Zeit angesehen, in der der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen muss. Daher können Flugreisen ins Ausland, Bereitschaftszeiten, Umkleide- und Wegezeiten immer auch zur Arbeitszeit gehören. Es kommt auf die Auslegung im Einzelfall an (Details im Basiskommentar zum ArbZG: § 2 Rn. 3 ff.)

2. Ist das Schreiben der Mail am Abend Arbeitszeit?

Ja. Wenn die Mail dienstlichen Zwecken dient, ist das Schreiben derselben Arbeitszeit. Auch wenn es mal so zwischendurch und schnell erfolgt. Das ArbZG kennt keine »geringfügigen« Arbeitseinsätze. Man unterscheidet strikt zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit. Weswegen auch das Schreiben einer kurzen Mail die obligatorische Ruhezeit von elf Stunden zwischen den Arbeitseinsätzen unterbricht.

Dieser Aspekt der Arbeitszeitgestaltung ist aktuell stark in Diskussion. Es wird die Auffassung vertreten, ganz kurze Unterbrechungen (eben das Schreiben einer Mail) seien nicht als echte Unterbrechungen der Ruhezeit zu werten (Details im Basiskommentar zum ArbZG: § 2 Rn. 13). 

3. Ist Betriebsratsarbeit »Arbeitszeit«?

Das BAG hat das bislang offengelassen. Da das Betriebsratsamt ein Ehrenamt ist, gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Höchstgrenzen des ArbZG strikt einzuhalten sind. Allerdings will das BAG die Grundsätze und Wertungen des ArbZG auch für Betriebsräte angewendet wissen. Daher kann ein Betriebsratsmitglied seine Arbeitszeit vorzeitig abbrechen, um die Ruhezeit von elf Stunden bis zum Beginn einer Betriebsratssitzung einzuhalten. Für Betriebsratsmitglieder in Nachtschicht ist das von besonderer Bedeutung (Details im Basiskommentar zum ArbZG: § 2 Rn. 15).

4. Muss der Arbeitgeber die Arbeitszeit erfassen?

Das ist etwas kompliziert. Eigentlich gibt es bislang im deutschen Arbeitszeitrecht keine Regelung, die den Arbeitgeber explizit verpflichtet, alle Arbeitszeiten zu erfassen. Weswegen das gerade bei einigen Arbeitszeitmodellen (Vertrauensarbeitszeit) auch nicht passiert. Allerdings muss der Arbeitgeber Überstunden nach § 16 Abs. 2 ArbZG erfassen. Und das geht wohl nur, wenn er allgemein ein System zur Arbeitszeiterfassung vorhält. Nun hat der EuGH in einem Grundsatzurteil (EuGH 14.5.2019 – C- 55/18) auch bestätigt, dass der Arbeitgeber ein System zur transparenten Arbeitszeiterfassung schaffen muss. Das gilt für alle Arbeitszeitmodelle, einschließlich der mobilen Arbeit und dem Schreiben von Mails zuhause (Details: § 16 Rn. 5).

5. Muss die Arbeitszeiterfassung elektronisch erfolgen?

Das kommt drauf an. In größeren Betrieben wird eine objektive und nachvollziehbare Dokumentation der Arbeitszeit wohl nur durch elektronische Arbeitszeiterfassung möglich sein. In kleineren Betrieben kann auch eine andere Art der Dokumentation gewählt werden. Das Arbeitsgericht Emden hat in Folge der EuGH-Entscheidung vom 14.5.2019 (siehe oben) eine Verpflichtung zur elektronischen Arbeitszeiterfassung unmittelbar aus der europäischen Arbeitszeitrichtlinie abgeleitet. Man darf gespannt sein, ob der deutsche Gesetzgeber reagiert (Details im Basiskommentar zum ArbZG: § 16 Rn. 11 f.)

6. Kann der Betriebsrat eine elektronische Zeiterfassung verlangen?

Das wird man sagen können, auch wenn das BAG da noch anders entscheidet. Jedenfalls muss der Betriebsrat überwachen, dass im Betrieb alle Arbeitszeitgesetze eingehalten werden. Dazu gehören vor allem die Regelungen zu den Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten. Die Überwachungsaufgabe (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) kann der Betriebsrat aber nur sinnvoll wahrnehmen, wenn die Arbeitszeiten erfasst sind.

Denn woher soll er sonst wissen, wer wie lange und damit vielleicht auch zu lange gearbeitet hat? Daher sind viele der Meinung, dass der Betriebsrat ein Initiativrecht zur Einführung einer elektronischen Zeiterfassung haben muss, wenn andernfalls ein verlässliches System zur Zeiterfassung nicht erreicht werden kann (Details im Basiskommentar zum ArbZG: § 16 Rn. 12/13).

7. Wie weit reicht das Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeit?

Einzig die Dauer der Arbeitszeit ist in den Arbeits- und Tarifverträgen festgelegt und damit der Mitbestimmung des Betriebsrats entzogen. Die konkrete Ausgestaltung der Arbeitszeit allerdings unterliegt der vollen Mitbestimmung und wird typischerweise durch Betriebsvereinbarungen geregelt. Das umfasst vor allem die Festlegung des Beginns und Ende der Arbeitszeit, die Pausen und die Verteilung der Arbeitszeiten auf die einzelnen Wochentage. Auch Überstunden und Kurzarbeit kann der Arbeitgeber nicht einseitig anordnen, sondern muss alles mit dem Betriebsrat abstimmen (Näheres im Basiskommentar zum ArbZG, Einleitung, Rn. 27 ff.)

Buchtipp:

Fischer/Mittländer/Steiner: Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar, 2. Auflage 2024

© bund-verlag.de (fro)

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