Arbeitszeit

7 Rechtstipps zur Umkleidezeit

18. August 2016
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Quelle: industrieblick_Dollarphotoclub

Dienstkleidung ist in vielen Unternehmen vorgeschrieben. Immer wieder ist aber streitig, ob das An- und Ausziehen der Dienstkleidung vergütungspflichtige Arbeitszeit ist. Die Faustregel: Immer dann, wenn das Tragen der Dienstkleidung in der Öffentlichkeit unzumutbar ist, oder der Arbeitgeber vorschreibt, dass ein Umkleiden nur im Betrieb zu erfolgen hat, ist Umkleidezeit auch Arbeitszeit. Wir haben für Sie 7 Tipps zusammengestellt.

1. Ist Umkleiden Arbeitszeit, wenn es im Betrieb erfolgen muss?

Ja. Schreibt der Chef das Tragen einer bestimmten Dienstkleidung vor und muss sich der Mitarbeiter im Betrieb umziehen, so ist das Umziehen Teil der Arbeitszeit und muss bezahlt werden. In diesem Fall geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass das Umziehen rein betrieblichen Belangen dient und folglich „fremdnützig“ ist. In einem Grundsatzurteil hat das oberste Arbeitsgericht geklärt, dass im Fall einer Anweisung des Arbeitgebers, die Dienstkleidung im Betrieb anzulegen, dass Umkleiden immer als Arbeitszeit gelten muss (BAG 10.11.2009 – 1 ABR 54/08).

2. Kann Umkleiden im Betrieb auch Arbeitszeit sein, wenn keine klare Anweisung des Chefs vorliegt?

Ja. Liegt keine klare Anweisung des Arbeitgebers vor, so kommt es darauf an, wie die Dienstkleidung aussieht und ob dem Arbeitnehmer ein Tragen derselben auf dem Weg zur Arbeitsstätte zumutbar ist. Bei sehr auffälliger Dienstkleidung ist dies nicht der Fall. Dann kann der Arbeitnehmer sich eigentlich nur im Betrieb umziehen, das Umkleiden erfolgt daher rein im betrieblichen Interesse, es ist – wie die Gerichte sagen – „fremdnützig“. Folglich muss es sich beim Umkleiden um Arbeitszeit handeln, die zu vergüten ist, auch wenn keine klare Anweisung des Chefs vorliegt (BAG 10.11.2009 – 1 ABR 54/08).

3. Zählt auch der Weg zur Umkleidekabine als Arbeitszeit?

Ja. Beginnt die Arbeit mit dem Kleidungswechsel, so sind die Wege, die die Beschäftigten dafür im Betrieb zurücklegen müssen, als Arbeitszeit zu vergüten. Jedenfalls dann, wenn der Chef zwingend eine Dienstkleidung vorschreibt, das Umkleiden aber nicht am Arbeitsplatz ermöglicht, sondern dafür eine extra Umkleidestelle einrichtet. Dann ist zwar der Weg von der Wohnung des Arbeitnehmers zu der Umkleidestelle nicht Arbeitszeit, alles weiter aber schon (BAG 19.9.2012 – 5 AZR 678/11).

4. Zählt das Umkleiden zuhause zur Arbeitszeit?

Nein. Im Prinzip eigentlich nein. Stellt es der Arbeitgeber den Beschäftigten frei, ob sie die Berufskleidung zuhause oder im Betrieb anlegen und entscheidet sich der Arbeitnehmer für ein Umziehen zuhause, so handelt es sich um sein Privatvergnügen. Die Arbeitszeit ist dann nicht zu vergüten. Die Rechtsprechung geht auch in diesem Fall davon aus, dass das Tragen der Arbeitskleidung außerhalb des Betriebs zumutbar ist.

5. Was gilt für Klinikpersonal? Ist das Ankleiden weißer Dienstkleidung für das Krankenhaus automatisch Arbeitszeit?

Nein. Die typische weiße Dienstkleidung ist nicht nach denselben Kriterien zu beurteilen wie eine echte Schutzkleidung, die zwingend nur im Betrieb angelegt werden kann. Zwar ist auch die für medizinische Berufe typische Dienstkleidung durchaus auffällig, sie wird aber häufig auch in der Öffentlichkeit getragen. Daher ist jedenfalls das LAG Niedersachsen in einer neueren Entscheidung davon ausgegangen, dass das Ankleiden in diesem Fall nicht rein „fremdnützig“ erfolgt und folglich nicht zwingend Arbeitszeit ist (LAG Niedersachsen 2.5.2016 – 11 Sa 1007/15). Es ist zu beachten, dass es im Bereich Kliniken – anders als in diesem Fall – häufig tarifvertragliche Regelungen geben wird.

6. Ist das Umkleiden Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer sich die Dienstkleidung woanders abholen muss?

Ja – jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts das Umkleiden außerhalb des Betriebs angeordnet hat. Dies ist etwas häufig bei Fahrpersonal der Fall. Hier müssen sich die Arbeitnehmer ihre Dienstkleidung vor Antritt der Fahrten – etwa mit der Straßenbahn – an bestimmten Dienstausgabestellen abholen. In diesem Fall gehört das Abholen von Dienstkleidung zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn dies vom Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts abverlangt wurde (sog. Straßenbahner-Fall BAG 19.32014 – 5 AZR 954/12).

7. Kann der Betriebsrat mitbestimmen, wenn der Chef Anweisungen zum Umkleiden im Betrieb trifft?

Ja – im Prinzip schon. Denn bei Regelungen zu Beginn und Ende der Arbeitszeit geht nichts ohne Betriebsrat. Nun gilt die Regel, dass Umkleiden im Betrieb in der Regel Arbeitszeit ist, jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber das so anordnet oder das Tragen der Betriebskleidung außerhalb des Betriebs – und damit eben auch auf dem Weg zur Arbeit – unzumutbar ist. Dann bleibt eben nichts anderes als sich im Betrieb umzuziehen, folglich ist diese Zeit auch Arbeitszeit. Dass der Betriebsrat dann bei allen Regelungen, wie es mit der Arbeitszeit genau aussieht, ein Wörtchen mitzureden hat, ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (Möbelhaus-Fall: BAG 10.11.2009 – 1 ABR 54/08). © bund-verlag.de (fro)

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