Kündigung

Äußerungen in privatem Chat sind geschützt

22. September 2021 Kündigung
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Quelle: © littlestocker / Foto Dollar Club

In einem privaten WhatsApp-Chat getätigte Aussagen müssen nicht zwingend für eine Kündigung ausreichen, auch wenn diese menschenverachtend sind. Das geht aus einer Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg hervor.

Arbeitgeber ist ein Verein, getragen von Landkreis, verschiedenen Städten und Gemeinden sowie einigen anderen Vereinen, der in der Flüchtlingshilfe aktiv ist. Im Rahmen eines Kündigungsverfahrens eines Beschäftigten sind Chat-Nachrichten aufgetaucht, in denen sich zwei Mitarbeitende sowie der technische Leiter der Organisation in menschenverachtender Weise über Flüchtlinge und Flüchtlingshelfer äußerten. Daraufhin hatte der technische Leiter die Kündigung erhalten.

Kündigung hält nicht stand

Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Kündigung wie bereits die Vorinstanz für unwirksam erklärt und klargestellt: Der Chatroom bleibt ein privater Raum. Eine vertrauliche Kommunikation, die im privatem Kreis geführt wird und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, fällt demnach unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, verankert in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.

Auch eine fehlende Eignung für die Tätigkeit im Bereich der Flüchtlingshilfe hat das LAG nicht gesehen. Der technische Leiter habe keine besonderen Loyalitätspflichten, weil er keine unmittelbaren Betreuungsaufgaben übernimmt. Auf das Fehlen des erforderlichen Mindestmaßes an Verfassungstreue, das von Bedeutung sei, wenn man den Verein als Teil des öffentlichen Dienstes betrachte, könne allein aufgrund dieser vertraulichen Äußerungen nicht geschlossen werden.

LAG löst Arbeitsverhältnis auf

Allerdings hat das LAG die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses (unter Zahlung einer Abfindung) vorgenommen: Es sei im Sinne des § 9 Kündigungsschutzgesetz keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zu erwarten. Da die schwerwiegenden Äußerungen öffentlich bekannt geworden seien, könne der Verein bei Weiterbeschäftigung dieses technischen Leiters nicht mehr glaubwürdig gegenüber geflüchteten Menschen auftreten. Außerdem sei er bei der Gewinnung ehrenamtlicher Unterstützung und hauptamtlichen Personals beeinträchtigt.

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

LAG Berlin-Brandenburg (19.07.2021)
Aktenzeichen 21 Sa 1291/20
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