»Amazon-Urteil erzeugt Fassungslosigkeit«

04. Juli 2023 Kontrollsoftware
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Quelle: © Gina Sanders / Foto Dollar Club

Die Firma Amazon setzt Kontrollsoftware ein, um jeden Schritt der Beschäftigten zu scannen. Nun hat das Verwaltungsgericht Hannover diese Überwachungspraxis für rechtens erklärt – und sorgt damit für Unverständnis. Mehr dazu von Prof. Dr. Peter Wedde in »Computer und Arbeit« 6/2023.

Das Urteil des VG Hannover vom 9.2.2023 zur Zulässigkeit der umfassenden und permanenten Überwachung von Beschäftigten im Logistikbereich hat viel Aufmerksamkeit erzeugt. Die nur in der Pressemitteilung des Gerichts, nicht aber im Urteil selbst genannte Klägerin ist das Logistikzentrum der Firma Amazon in Winsen.

Landesdatenschutzbehörde untersagt Überwachung

Ausgangspunkt des Gerichtsverfahrens war eine Untersagungsverfügung der Landesbeauftragten für Datenschutz in Niedersachsen, mit der die im Logistikzentrum dauerhaft durchgeführte minutengenaue Erfassung von individuellen Quantitäts- und Qualitätsleistungsdaten der Beschäftigten beendet werden sollte. Die verarbeiteten Daten dokumentierten jeden Arbeitsschritt der Beschäftigten in den verschiedenen Arbeitsbereichen. Die Datenerhebungen erfolgen in Echtzeit über Handscanner, die die Beschäftigten permanent am Körper mit sich tragen. Die Daten werden mit einer Software verarbeitet, die sowohl die Darstellung der Teamleistung als auch die Erfassung und Auswertung individueller Beschäftigtenleistungen ermöglicht.

VG hält »Totalkontrolle« für rechtens

Das VG Hannover macht schon in seinen Leitsätzen zu Beginn des Urteils klar, dass es eine dauerhafte und minutengenaue Verarbeitung von Beschäftigtendaten für Zwecke der Steuerung der Logistikprozesse, der Qualifizierung, der Erteilung eines objektiven Feedbacks sowie als Grundlage für Personalentscheidungen für erforderlich und angemessen hält. Die den Leitsätzen folgende Darstellung des Sachverhalts wirkt an einigen Stellen wie der Text der Werbebroschüre eines Logistikzentrums. Auf eine umfassende Auseinandersetzung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unzulässigkeit einer permanenten und lückenlosen Kontrolle von Beschäftigten mittels technischer Einrichtungen verzichtet das VG Hannover praktisch vollständig. Stattdessen folgt es immer wieder den Darlegungen der Klägerin.

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Den vollständigen Beitrag von Prof. Dr. Peter Wedde lesen Abonnent:innen hierWeitere Highlights der »Computer und Arbeit« 6/2023:

  • Titelthema: Digitale Barrierefreiheit in der Praxis
  • IT-Mitbestimmung: Darf eine BV vom Datenschutz abweichen?
  • Datenschutz: Personalakte und Datenschutz

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