Kündigung

Arbeitgeber darf unabhängig von 3G-Regel Corona-Tests verlangen

10. Dezember 2021
Corona Pandemie Infektion Virus Test Schnelltest Selbsttest
Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Frauke Riether

Weigert sich der Arbeitnehmer dauerhaft die vom Arbeitgeber angeordneten Schnelltests durchzuführen, droht ihm im schlimmsten Fall eine Kündigung, wenn er vorher eine Abmahnung erhalten hat – so das Arbeitsgericht Hamburg.

Das war der Fall

Der Inhaber eines Fahrbetriebs verpflichtete seine Beschäftigten, regelmäßig vor Dienstantritt einen Corona-Selbsttest durchzuführen. Einer der Beschäftigten verweigerte die Durchführung des Tests. Daraufhin wurde er von seinem Arbeitgeber für den Tag freigestellt und mündlich auf die Verpflichtung zur Durchführung des Schnelltests hingewiesen. Nachdem der Fahrer auch an zwei Folgetagen die Durchführung des Schnelltests verweigert hatte, kündigte ihm der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Der Fahrer wehrte sich gegen die Kündigung. Er ist der Meinung, dass die Testpflicht sein Recht auf körperliche Unversehrtheit und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletze. Die bereitgestellten Tests würden zu einer Reizung der Nasenschleimhaut führen und eine erhebliche Verletzungsgefahr mit sich bringen.

Das sagt das Gericht

Das Arbeitsgericht Hamburg hält die Kündigung für unwirksam. Die verhaltensbedingte Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt gewesen. Es ließe sich nicht feststellen, ob der Fahrer zuvor abgemahnt worden war. Eine Abmahnung als milderes Mittel wäre geeignet und ausreichend gewesen, bei dem Fahrer eine künftige Verhaltensänderung zu bewirken. Eine Abmahnung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Zwar habe der Fahrer sich wiederholt geweigert, die Schnelltests durchzuführen, er habe jedoch die Bereitschaft gezeigt einen anderen, als den zur Verfügung gestellten Test durchzuführen.

Gleichwohl bewertete das Gericht die Anordnung zur Durchführung der Corona-Schnelltests als berechtigt. Auch wenn eine solche gesetzliche Verpflichtung für Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt nicht existiert hatte, sei der Arbeitgeber berechtigt gewesen, gegenüber den Fahrern die Durchführung bereitgestellter Corona-Schnelltests anzuordnen. Die Anordnung sei vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 GewO gedeckt. Die Intensität des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit sei im gewählten Testverfahren äußerst gering. Die Tests im vorderen Nasenbereich seien lediglich mit einem leicht unangenehmen Gefühl verbunden.

Es gehe vorrangig darum potenziell ansteckende Personen rechtzeitig zu identifizieren und daran zu hindern, dass diese unbemerkt andere anstecken. Das Corona-Virus könne zu erheblichen Gesundheitsschädigungen, zum Tod oder besonders unangenehmen Spät- und Langzeitfolgen führen. Diese Folgen einer Infektion seien um ein Vielfaches unangenehmer und abstrakt gefährlicher als ein Selbsttest mit einem Wattestäbchen im vorderen Nasenbereich. Es überwiege daher der Schutz von Leben und Gesundheit.

Das muss der Betriebs- und Personalrat wissen

Einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber muss in der Regel eine Abmahnung vorausgehen, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben sein vertragswidriges Verhalten zu ändern. Eine mündliche Abmahnung ist zwar zulässig, lässt sich jedoch oftmals schlecht nachweisen. Eine Abmahnung sollte daher stets schriftlich erfolgen.

Im Blick behalten sollten Interessenvertreter das Thema einer »betrieblichen Testplicht«. Das Arbeitsgericht hält diese für zulässig. Das könnte mit Blick auf den Ablauf der gesetzlichen 3G-Regelung am 19.3.2022 wieder an Bedeutung gewinnen.

© bund-verlag.de (jv)

Quelle

ArbG Hamburg (24.11.2021)
Aktenzeichen 27 Ca 208/21
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