Arbeitgeber haftet für Einbußen beim Elterngeld

Darum geht es
Die Arbeitnehmerin ist seit September 2017 als zahnmedizinische Mitarbeiterin bei einem Zahnarzt beschäftigt. Kurz nach ihrer Einstellung teilte sie ihm ihre Schwangerschaft mit und gab ihm eine Kopie des Mutterpasses. Der vom Zahnarzt beauftragte Betriebsarzt stellt bereits im September 2017 ein Beschäftigungsverbot fest.
Das Beschäftigungsverbot galt für die Monate Oktober, November und Dezember 2017. Der Arbeitgeber zahlt ihr den monatlichen Bruttolohn für diese Monate erst im März des Jahres 2018. Parallel versuchte er, das Arbeitsverhältnis wegen Täuschung anzufechten, dies scheiterte jedoch.
Elterngeld verringert sich durch Lohnverzug
Dies führte dazu, dass diese drei Monate für die Berechnung des Elterngeldes der Arbeitnehmerin mit 0 Euro angesetzt wurden. Gemäß § 2c Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) werden Einkünfte nicht für die Berechnung des Elterngeldes zu Grunde gelegt, die lohnsteuerrechtlich sog. »sonstige Bezüge« sind.
Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch für eine monatliche Lohnzahlung, wenn sie dem Arbeitnehmer später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres zufließt.
Arbeitnehmerin klagt auf Elterngelddifferenz
In der Folge betrug das monatliche Elterngeld der Arbeitnehmerin nur 348,80 Euro. Wäre der Lohn fristgerecht gezahlt worden, hätte das Elterngeld stattdessen monatlich 420,25 Euro betragen. Die Mitarbeiterin erhob Klage gegen ihren Arbeitgeber auf Erstattung der so entstandenen monatlichen Elterngelddifferenz.
Das sagt das Gericht
Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte die Klägerin überwiegend Erfolg. Der Zahnarzt schuldet ihr 70 Prozent der Differenz als Schadenersatzanspruch, entschieden die Richter. Er habe sich mit dem der Klägerin zustehenden Lohn in Verzug befunden und handelte schuldhaft.
Der Umstand, dass der Zahnarzt versucht hatte, das Arbeitsverhältnis anzufechten, weil die Klägerin ihn bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht über die Schwangerschaft unterrichtet hatte, entlastete ihn nicht. Diese Anfechtung sei unwirksam, so die Richter.
Allerdings hatte auch die Klägerin eine Ursache für die verspätete Lohnnachzahlung gesetzt, so das LAG: Sie hatte sich nämlich am 11.01.2018, also noch vor Ablauf dieser Frist, auf einen Vergleich mit einer Widerrufsfrist bis zum 09.03.2018 eingelassen. Nach diesem Vergleich sollte die Zahlung nur gegen Vorlage einer weiteren Bescheinigung erfolgen.
Das LAG sah allerdings den deutlich größeren Verschuldensanteil beim Arbeitgeber und verurteilte ihn, der Klägerin 70 Prozent des entgangenen Elterngeldes zu zahlen. Außerdem muss der Zahnarzt 341,32 Euro an Steuerberatungskosten tragen, welche die Klägerin aufwenden musste, um zu ermitteln, welcher auf den Ersatzanspruch anrechenbare Steuervorteil sich aus der verspäteten Elterngeldzahlung in 2018 ergab.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen.
© bund-verlag.de (ck)
Quelle
Aktenzeichen 12 Sa 716/19
Quelle: Pressemitteilung des LAG Düsseldorf vom 27.05.2020