Elternzeit

Arbeitgeber kann Elternteilzeit nur begrenzt ablehnen

07. Mai 2019
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Quelle: © Robert Kneschke / Foto Dollar Club

Lehnt der Arbeitgeber es ab, Arbeitnehmer während der Elternzeit in Teilzeit zu beschäftigen, können diese auf Zustimmung klagen. Im Prozess kann der Arbeitgeber gegen die Elternteilzeit nur solche Einwände erheben, die er schon in einem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben genannt hat. Von Bettina Krämer.

Die Arbeitnehmerin ist Diplom-Kauffrau und Steuerberaterin. Seit Anfang 2012 war sie bei einem Unternehmen als Referentin EMEA Accounting angestellt (d. h. als Referentin für Rechnungswesen mit dem Schwerpunkt Europa, Mittlerer Osten und Afrika, kurz EMEA). Sie war in Vollzeit (wöchentliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden) tätig. Vom April 2015 bis April 2017 befand sie sich in Elternzeit.

Arbeitnehmerin will in Elternteilzeit arbeiten

Mit Schreiben vom 8.7.2016 beantragte die Arbeitnehmerin eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit von 20 Wochenstunden. Beginnen sollte diese ab dem 1.11.2016. Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag mit Schreiben vom 11.7.2016 zunächst ohne nähere Begründung und mit weiterem Schreiben vom 22.7.2016 unter Hinweis darauf ab, dass der Arbeitsplatz für die Dauer der Elternzeit durch einen neuen Mitarbeiter besetzt worden sei und darüber hinaus kein Beschäftigungsbedarf bestehe.

Arbeitgeberin lehnt Teilzeitanträge ab

Nachdem eine Kollegin aus der Abteilung der Arbeitnehmerin ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, beantragte sie erneut mit Schreiben vom 1.8.2016 eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit (20 Wochenstunden verteilt von Montag bis Donnerstag). Auch diesen Antrag lehnte die Arbeitgeberin ab. Im Ablehnungsschreiben vom 19.8.2016 unterbreitete sie der Arbeitnehmerin ein Gegenangebot auf eine geringer vergütete Teilzeitbeschäftigung. Dieses Angebot lehnte die Arbeitnehmerin ab und klagte. Sie verlangt, dass die Arbeitgeberin ihrem Antrag vom 8.7.2016, hilfsweise dem vom 1.8.2016 zustimmt.

Die Arbeitgeberin trug erst im Verfahren vor, dass dringende betriebliche Gründe dem Teilzeitbegehren entgegenstünden. Durch näher bezeichnete Veränderungsprozesse seien einige Aufgaben der Arbeitnehmerin gänzlich entfallen.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Köln hatte der Arbeitnehmerin Recht gegeben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen, d.h. der Arbeitgeber hatte gewonnen. 

Das sagt das BAG: Anspruch auf Eltern-Teilzeit und Schadenersatz

Mit ihrer Revision hatte die Arbeitnehmerin Erfolg vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG). Das LAG Köln muss in dem Verfahren aus drei Gründen entscheiden.

  1. Die Klage ist auch nach Ende der Elternzeit noch möglich

Klagt man auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilzeitarbeit während der Elternzeit kann man sich fragen was passiert, wenn die Elternzeit dann bis zur Entscheidung der Gerichte abgelaufen ist. Das BAG bestätigte, dass die Klage trotzdem zu entscheiden ist, also ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Das Rechtsschutzbedürfnis würde fehlen, wenn kein berechtigtes Interesse des Klägers an der Klage besteht. Vorliegend bejahten die Richter aber das Entscheidungsinteresse und hielten die Klage nicht als unnütz, d.h. hielten diese für zulässig.

  1. Anspruch auf Schadenersatz

Auch wenn die Klägerin keinen Anspruch auf Teilzeit mehr durchsetzen kann, kann ihr ein Anspruch auf Schadenersatz zustehen. Bei der Klage auf Zustimmung zur Elternzeit handelt es sich um eine Klage, die dazu führt, dass die Zustimmung als Willenserklärung durch das Gericht ersetzt wird. Diese Fiktion führt zum rückwirkenden Abschluss eines Vertrags, der Rechte und Pflichten begründet. Damit ist das Tor für den finanziellen Ersatz für die Arbeitnehmerin eröffnet. 

Die Arbeitnehmerin wollte im vorliegenden Fall während der Elternzeit in Teilzeit arbeiten und Geld verdienen, der Arbeitgeber weigerte sich zu beschäftigen, so dass sie einen finanziellen Schaden hatte. Das BAG bejaht für sie einen Schadensersatzanspruch aus § 611a Abs. 2, § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 i.V.m. § 275 Abs. 1 BGB. Damit kann die Arbeitnehmerin im Nachgang noch einen Schadensersatz gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen.

  1. Recht auf Teilzeit in der Elternzeit

Das LAG Köln muss im neuen Verfahren prüfen, ob der Arbeitnehmerin der geltend gemachte Teilzeitanspruch zusteht (§ 15 BEEG).

  1. Voraussetzungen

Als Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer hat man bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen Anspruch auf Verringerung der Stundenzahl. Voraussetzungen sind:

  • Das Arbeitsverhältnis muss länger als 6 Monate ohne Unterbrechung bestehen.
  • Es sind in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.
  • Der Arbeitnehmer muss mind. 15 und darf maximal 30 Stunden pro Woche arbeiten (§ 15 Abs. 7 BEEG).
  • Es gibt keine dringenden betrieblichen Gründe, die gegen Teilzeit sprechen.
  • Der Anspruch auf Teilzeit wurde dem Arbeitgeber für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes sieben Wochen und

für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes 13 Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit schriftlich mitgeteilt.

  1. Antrag an den Arbeitgeber

Neben den oben genannten Voraussetzungen bedarf es aber auch eines Antrages des Arbeitnehmers. Der Antrag muss den Beginn und den Umfang der verringerten Arbeitszeit enthalten, vgl. § 15 Abs. 7 BEEG. Die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit soll, muss aber im Antrag nicht angegeben werden.

  1. Ablehnung des Arbeitgebers

Will der Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, so muss er dies innerhalb von vier Wochen (für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes acht Wochen) der Antragstellung tun, sonst gilt sie als genehmigt.  Die Ablehnung selbst und die Begründung muss schriftlich erfolgen, d.h. Unterzeichnung durch eigenhändige Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens, so auch das BAG im vorliegenden Fall.

Den Antrag kann der Arbeitgeber nur insgesamt annehmen oder ablehnen. Es ist zum Beispiel nicht möglich, die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit abzulehnen und den übrigen Antrag anzunehmen.

Nur wenn dringende betriebliche Gründe gegen eine Teilzeit sprechen, darf der Arbeitgeber ablehnen. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn der Arbeitsplatz für Teilzeit nicht geeignet ist, z.B. weil man Laborant ist und Versuchsreihen durchführt, die eine gewisse Mindeststundenanzahl dauern.

  1. Gründe müssen ins Ablehnungsschreiben

Nach richtiger Ansicht des BAG, kann sich der Arbeitgeber dabei- dann vor allem auch gerichtlich- nur auf solche Gründe berufen, die er in einem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben genannt hat. Dies ergibt sich nach Auffassung des BAG aus dem BEEG. Der Arbeitgeber könne sich im Prozess keine neuen Gründe ausdenken und diese bei Gericht vortragen. Diese so genannte Präklusionswirkung schränkt den Arbeitgeber richtigerweise ein und zwingt ihn alle Gründe gegen eine Teilzeit während der Elternzeit im Ablehnungsschreiben zu nennen.  Dies war auch im vorliegenden Fall die Crux.

Praxistipp:

Lehnt ein Arbeitgeber nicht innerhalb der nach § 15 BEEG vorgegeben Frist ab, gilt der Antrag des Arbeitnehmers als genehmigt. Daher muss der Arbeitnehmer schon den Antrag möglichst wasserdicht machen.  In dem Antrag muss man daher unbedingt angeben, wann die Teilzeit beginnen soll und wie viel man arbeiten möchte, z.B.  20 Stunden pro Woche. Nicht vorgeschrieben aber in der Praxis auf jeden Fall mit aufzunehmen ist, wie die Arbeitszeit verteilt sein soll, d.h. Angabe von Uhrzeit und Wochentagen an denen gearbeitet werden wird.

Bettina Krämer, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (11.12.2018)
Aktenzeichen 9 AZR 298/18
Diese Entscheidungsbesprechung erhalten Sie als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 8.5.2019.
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