Tarifvertrag

Arbeitgeber gleicht Rentenabschläge aus

23. November 2018 Tarifvertrag, Rente
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Quelle: © Gina Sanders / Foto Dollar Club

Das ist bisher einmalig: Arbeitgeber zahlen nach einem Tarifvertrag für Beschäftigte ab dem vollendeten 50. Lebensjahr zusätzlich 50 Euro im Monat in die gesetzliche Rentenversicherung. So können Ältere vorzeitig und mit weniger oder gar keinen Abschlägen in Rente gehen. In »Soziale Sicherheit« 11/2018 erläutert Wilfried Hartmann die Einzelheiten.

Wer 50 Jahre oder älter ist und zu den Beschäftigten im metallverarbeitenden Handwerk in Niedersachsen und Bremerhaven gehört oder in der Schrott- und Recyclingwirtschaft in Deutschland tätig ist, profitiert jetzt von einem Tarifvertrag, der bundesweit einmalig ist: Die Arbeitgeber zahlen für ihn oder sie 50 Euro im Monat zusätzlich in die gesetzliche Rentenkasse ein.

Das Geld dient zum Ausgleich von Rentenabschlägen. Diese werden zumeist fällig, wenn Beschäftigte vor Erreichen des regulären Rentenalters (dies liegt derzeit bei 65 Jahren und 7 Monaten und ab dem Jahrgang 1964 bei 67 Jahren) in die Altersrente gehen. Für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbeginns wird ein Abschlag von 0,3 Prozent erhoben – und das lebenslang.

Fast ein Jahr früher ohne Abschläge in Rente

»Wenn der Arbeitgeber für einen Beschäftigten ab dem vollendeten 50. Lebensjahr monatlich zusätzlich 50 Euro zum Ausgleich von Rentenabschlägen zahlt, dann kann der Beschäftigte fast ein Jahr früher ohne Abschläge in Rente gehen«, berichtet Wilfried Hartmann, Tarifsekretär der IG Metall und Verhandlungsführer im Metall-, Land- und Baumaschinenhandwerk in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt im Interview mit der Sozialen Sicherheit. »Wir empfehlen unseren Kollegen: ‚Beteilige du dich auch, leg noch einmal einen 50-Euro-Schein im Monat drauf! Dann kannst du fast zwei Jahre früher gehen‘«.  

Ein weiterer Vorteil für die Arbeitnehmer sind Steuervorteile. Denn die Beiträge zum Ausgleich von Rentenabschlägen sind stark steuerbegünstigt. Derzeit sind 86 % von der Steuer absetzbar. Dies gilt bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 23.712 Euro für Alleinstehende und 47.424 Euro für gemeinsam veranlagte Verheiratete.

Falls ein Arbeitnehmer später doch nicht vorzeitig in Rente gehen will, ist nichts verloren. Dann bekommen diejenigen, die weiterarbeiten, »später wegen der bereits erfolgten Ausgleichszahlungen eine höhere Rente«, so Hartmann. »Der größte Teil der Beschäftigten im Handwerk kann aber nicht bis 67 arbeiten. Die Intention des Tarifvertrages ist deshalb der frühzeitige Ausstieg aus dem Arbeitsleben.«

Der Pilotabschluss werde mittlerweile auch in anderen Bereichen, vor allem in den Handwerksbranchen in Deutschland sehr aufmerksam beobachtet, berichtet der IG-Metall-Tarifsekretär. Einige Verbände des Handwerks und der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie hätten bereits signalisiert, offen über so einen Tarifvertrag zu sprechen.

Nähere Einzelheiten zur Anwendung des Tarifes und eine Modellrechnung dazu, was die regelmäßige zusätzliche Einzahlung in die Rentenkasse einem älteren Beschäftigten bringt, finden sich in der Ausgabe 11/2018 der »Sozialen Sicherheit«. Außerdem stellt Rolf Winkel in dieser Ausgabe das noch wenig bekannte »Mannheimer Modell« vor. Es nützt insbesondere älteren Beschäftigten, die Entlassungen und drastische Rentenabschläge befürchten müssen. Über Zahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen und Einzahlungen des Arbeitgebers in ein von der Rentenversicherung verwaltetes Wertguthaben können sie in eine Art Vorruhestand mit nur geringen Rentenverlusten gehen.

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