Arbeitszeit

Arbeitszeiterfassung für alle – außer für Richter?

12. April 2023
BAG_Erfurt_003
Quelle: Commons Wikimedia

Für Richterinnen und Richter gilt die ansonsten allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nicht, so das Bundesarbeitsgericht. Damit nehmen sich diejenigen, die über die Pflicht zur Zeiterfassung entschieden haben, selbst ausdrücklich davon aus. Eine Einschätzung, die durchaus für Unmut sorgt.

Auslöser der Debatte ist ein Antwortschreiben des BAG auf die Anfrage eines Mannes nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Dieser wollte die erfassten Arbeitszeiten der Richterinnen und Richter des BAG in den Jahren 2021 und 2022 erfahren. In der Antwort des BAG (die auf der Website der NGO fragdenstaat veröffentlicht ist), heißt es dazu:

»Die von Ihnen gewünschten Arbeitszeiterfassungen der Richterinnen und Richter des Bundesarbeitsgerichts kann ich Ihnen nicht übersenden, da Richterinnen und Richter nicht an der automatisierten Zeiterfassung im Bundesarbeitsgericht teilnehmen.

Richterinnen und Richter sind nach Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Ein Aspekt dieser Unabhängigkeit ist, dass sich der von einer Richterin/einem Richter zu leistende Arbeitseinsatz nach dem ihr/ihm in der richterlichen Geschäftsverteilung zugewiesenen Aufgaben und ihrem/seinem konkreten Richteramt richtet. Dies bestimmt den Umfang des geschuldeten richterlichen Einsatzes, nicht eine festgelegte Arbeitszeit.«

Starre Zeiterfassung passe nicht zum Richterberuf

Die Arbeitszeit von Richtern (und zwar aller Gerichte) kann laut BAG also keiner starren Erfassung unterliegen. Ihre Arbeitszeit richte sich vielmehr nach den zugewiesenen Aufgaben, sei also durch eine Art Vertrauensarbeitszeit geregelt.

Arbeitsschutz gilt auch für Richter

Diese Aussage des BAG sorgte durchaus für Unmut. Denn das BAG verpflichtete in seiner Entscheidung vom 13.9.2022 alle Arbeitgeber dazu, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit aller Beschäftigten zu erfassen. Und diese Pflicht gilt allgemein und sieht praktisch keine Ausnahmen vor.

Hergeleitet hatte das BAG die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung dabei aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz –  und das gilt nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 ausdrücklich auch für Richterinnen und Richter.

Kritik ließ daher nicht lange auf sich warten –  etwa von Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, der gegenüber der FAZ die »Doppelbödigkeit« kritisierte: »Man erwartet von der Wirtschaft offenbar, dass sie eine Vorschrift lückenlos umsetzt, die nach Ansicht des Gerichts schon nicht zu dessen eigener Arbeitsorganisation passt.«

Lösung durch neues ArbZG

Klarheit kann letztlich wohl nur ein neues Arbeitszeitgesetz schaffen. Denn auch andere Bereiche, etwa die Wissenschaft oder kreative Berufe, fordern für ihren Sektor Ausnahmen von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.

Doch noch lassen die neuen Arbeitszeitregelungen auf sich warten. Ein Entwurf zum neuen Arbeitszeitgesetz war zunächst für das erste Quartal 2023 angekündigt, mittlerweile wurde daraus das erste Halbjahr 2023.

© bund-verlag.de (fk)

Anzeige: Newsletter. Wichtige Themen für Sie und Ihr Gremium. Jetzt anmelden! Link zur Anmeldeseite. - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

Dollarphotoclub_21187750_160503
Prävention - Aus den Fachzeitschriften

5 Säulen der Deeskalation

Personalrat Podcast Quer
»Der Personalrat«-Podcast - Aktuelles

HinSchG: Betreiben der internen Meldestelle