Entgeltfortzahlung

BAG: Mindestlohn unterliegt keiner Ausschlussfrist

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Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kann einer tariflichen Ausschlussfrist unterworfen sein. Eine solche Ausschlussfrist ist jedoch unwirksam, soweit sie auch den während der Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlenden gesetzlichen Mindestlohn erfasst – so das BAG.

Der für allgemeinverbindlich erklärte § 14 Abs. 1 BRTV-Bau sieht vor, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

Nachdem einem Arbeitnehmer ordentlich zum 31. Oktober 2015 gekündigt wurde, meldete sich dieser arbeitsunfähig krank und legte der Arbeitgeberin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Diese verweigerte jedoch teilweise die Entgeltfortzahlung. Der Arbeitnehmer war hingegen der Auffassung, dass die Ausschlussfristenregelung des § 14 Abs. 1 BRTV-Bau insgesamt unwirksam sei, weil sie den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausnehme. Dieser Argumentation folgte nun auch das BAG.

Entgeltfortzahlung für die Zeit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer für die Zeit, die infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausfällt, das Entgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall bei Erbringung der Arbeitsleistung erhalten hätte (§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 EFZG). Damit hat der Arbeitnehmer auch während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns.

Der Anspruch folgt jedoch nicht unmittelbar aus § 1 MiLoG, weil nach dieser Regelung der Mindestlohn nur für tatsächlich geleistete Arbeit zu entrichten ist. Da der Arbeitnehmer im Falle der Arbeitsunfähigkeit jedoch so zu stellen ist, als hätte er gearbeitet, bleibt ihm auch der Mindestlohn als untere Grenze des fortzuzahlenden Entgelts erhalten.

Sicherung des Entgeltfortzahlungsanspruchs in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns

Zugleich gebietet es der Schutzzweck des § 3 Satz 1 MiLoG, nach Maßgabe dieser Norm den Entgeltfortzahlungsanspruch in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns entsprechend zu sichern. Dieser sieht nämlich vor, dass Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam sind. Zu solchen Vereinbarungen gehören nicht nur arbeitsvertragliche, sondern auch tarifliche Ausschlussfristen.

Autor:

Stelios Tonikidis, Rechtsassessor

Quelle

BAG (20.06.2018)
Aktenzeichen 5 AZR 377/17
BAG, Pressemitteilung Nr. 33/18 vom 20.06.2018
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