Versetzung

BAG stärkt Rechte des Arbeitgebers bei Versetzung

23. November 2018 Versetzung
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Quelle: © Coloures-pic / Foto Dollar Club

Die Versetzung in ein Einzelbüro mit der Vorgabe, dieses auszustatten und sich täglich per E-Mail an- und abzumelden, ist für den Arbeitnehmer nicht schikanös und damit auch nicht rechtswidrig. Weigert er sich, der angeordneten Versetzung zu folgen, droht ihm die fristlose Kündigung – so das BAG.

Immer wieder gibt es Streit über Versetzungen. Die können dazu dienen, unliebsame Kollegen aus dem »Verkehr« zu ziehen und Konfliktsituationen zu entschärfen. Doch wann ist eine Versetzung rechtmäßig und wann ist sie »unbillig« – und damit rechtwidrig? Wie muss der neue Arbeitsplatz aussehen? Was ist, wenn die Arbeitsschutzvorschriften nicht eingehalten werden? Das BAG hat Tacheles geredet. Das Urteil ist bemerkenswert – und gibt viele Hinweise für die tägliche Praxis.

Das war der Fall

Der Fall stammt »mitten aus dem Leben«. Es geht um eine Architektin, die zunächst im Technischen Rathaus als Sachgebietsleiterin für die technische Dokumentation zuständig war. Ihr unterstanden mehrere Mitarbeiter, mit denen es permanent zu massiven Konflikten kam.

Eine vom Arbeitgeber angestoßene Mediation brachte nichts. Die Mitarbeiter und die Kollegen gingen ihr aus dem Weg, hatten sogar Angst vor ihr. Der Arbeitgeber entzog ihr die Leitungsfunktion, auch das brachte nicht die gewünschte Entspannung. Mehrere Kollegen baten den Arbeitgeber um Versetzung der unliebsamen Kollegin.

Der Arbeitgeber handelte sodann. Er wies der Architektin eine neue Aufgabe zu. Sie sollte für mehrere Lokalitäten, darunter eine Kanalbetriebsstation, die Bausubstanz überprüfen und bewerten. Dafür wies ihr der Arbeitgeber einen neuen Arbeitsplatz an einem Standort, an dem sonst niemand arbeitete, zu. Sie sollte sich den Arbeitsplatz zunächst selbst einrichten. Da sie nicht an die digitale Zeiterfassung angekoppelt war, sollte die Architektin Dienstantritt und Dienstende täglich per E-Mail melden.

Die Architektin verweigerte die Arbeit – trotz mehrfacher Aufforderungen – beharrlich. Nach erfolgloser Abmahnung, kündigte der Arbeitgeber ihr – nach Zustimmung des Personalrats – außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich.

Arbeitsverweigerung ein Kündigungsgrund

Dass beharrliche Arbeitsverweigerung ein Kündigungsgrund darstellt, hat das BAG hier ausdrücklich bekräftigt. Zur Pflicht des Arbeitnehmers gehört es dabei grundsätzlich auch, den Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten. Die Weisungen müssen allerdings im Rahmen des Direktionsrechts erfolgen. Sonst sind sie »unbillig« und damit rechtwidrig. Und »unbilligen« Weisungen braucht der Arbeitnehmer nicht zu folgen. Und zwar nach neuer Rechtsprechung von Anfang an nicht. Er kann die Arbeit verweigern.

Allerdings trägt der Arbeitnehmer das Risiko der Falschbewertung. Stellt sich nämlich im Nachhinein heraus, dass eine für rechtwidrig gehaltene Weisung letztlich doch in Ordnung war, dann riskiert der Arbeitnehmer die fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung.

Doch wann ist eine Weisung »unbillig«?

Hier kam es also darauf an, ob die Anordnung der Versetzung an den neuen Arbeitsplatz in Ordnung war. Wenn nicht, durfte die Architektin die Arbeit verweigern. Das BAG hat hier bemerkenswerte weite Kriterien entwickelt, wann eine Versetzung noch als rechtmäßig anzusehen ist – und zwar.

  • Gibt es Beschwerden über das Verhalten einzelne Arbeitnehmer aus der Abteilung, kann eine Versetzung angemessen, im Zweifel sogar geboten sein.
  • Eine Versetzung ist nicht schon deshalb »unbillig«, weil der Arbeitnehmer an einem Einzelarbeitsplatz und damit »isoliert« sitzt. Wer an einem vernetzten Arbeitsplatz arbeitet, ist nicht isoliert von anderen.
  • Der Einwand, Arbeitsschutzvorschriften seien an dem neuen Arbeitsplatz nicht gewahrt, rechtfertigt keine Arbeitsverweigerung, wenn die Verstöße nur geringfügig sind und schnell behoben werden.
  • Es kann ein probates Mittel zur Kontrolle der tatsächlichen Arbeitszeit sein, Beginn und Ende der täglichen Arbeitsaufnahme per E-Mail zu melden – das gilt insbesondere für im Außendienst tätige oder im Homeoffice arbeitende Mitarbeiter. Als Einzelmaßnahme ist dies nicht mitbestimmt.

Fazit: Weisungen des Arbeitgebers bleiben eine black box. Der Arbeitnehmer braucht »unbillige Weisungen« nicht zu befolgen. »Unbillig« ist eine Weisung, die außerhalb des Direktionsrechts erfolgt. Doch wie kann man das erkennen? Das ist genau das Problem. Denn stellt sich (im Nachhinein) heraus, dass eine zunächst als »unbillig« angenomme Weisung des Chefs letztlich doch in Ordnung ist, so trägt man als Arbeitnehmer das Risko der Falschbewertung. Und hat man – in der Annahme das sei o.k – die Arbeit verweigert, dann riskiert man als Arbeitnehmer die fristlose Kündigung.

Daher sollten Sie als Betriebsrat den Kollegen raten, bei jeder Weisung und Versetzung immer genau hinzuschauen!

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

BAG (28.06.2018)
Aktenzeichen 2 AZR 436/17
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