BAG lässt Kopftuchverbot prüfen

Eine als Kassiererin bei dem Einzelhändler angestellte Mitarbeiterin muslimischen Glaubens trug nach ihrer Elternzeit ein Kopftuch, um damit ein islamisches Bedeckungsgebot zu erfüllen, das sie als zwingend empfindet. Sie war nicht bereit, dieses während der Arbeit abzulegen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Weisung des Arbeitgebers, ohne Kopftuch zur Arbeit zu erscheinen, sei unwirksam, weil sie dadurch wegen ihrer Religion diskriminiert werde. Der Arbeitgeber sieht sich im Rahmen der unternehmerischen Freiheit und der negativen Religionsfreiheit der Kunden und Kollegen der Mitarbeiterin im Recht.
BAG will Verbotsgrundlagen klären lassen
Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Das LAG Nürnberg hatte mit Urteil vom 27. März 2018, Az. 7 Sa 304/17) festgestellt, dass die Weisung des Arbeitgebers bezüglich der Religiösen Symbole nach §§ 7 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 2, 1 AGG unwirksam ist, das sie eine unzulässige Diskriminierung wegen der Religion darstelle. Sie knüpfe zwar an die unternehmensweit geltende Neutralitätsregelung an und nach der EuGH-Rechtsprechung sei es keine unmittelbare Diskriminierung. Aber um eine mittelbare, da muslimische Mitarbeiterinnen besonders benachteiligt werden.
Das BAG möchte vom EuGH wissen, wie die Richtlinie 2000/78/EG auszulegen und wie das Verhältnis von primärem Unionsrecht und nationalem Verfassungsrecht zu bewerten sei. Konkret hat das BAG folgende Fragen formuliert: Ist eine allgemeine Anordnung in der Privatwirtschaft, die auch das Tragen auffälliger religiöser Zeichen verbietet, aufgrund der von Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) geschützten unternehmerischen Freiheit diskriminierungsrechtlich stets gerechtfertigt? Oder kann die Religionsfreiheit der Arbeitnehmerin berücksichtigt werden, die von der GRC, der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und dem Grundgesetz geschützt wird?
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Quelle
Aktenzeichen 10 AZR 299/18 (A)