BEM nach Gesetz und Rechtsprechung

Ohne Sorge für die Gesundheit der Beschäftigten gibt es keine »Gute Arbeit«. Das hat der Gesetzgeber erkannt und einen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz geschaffen. Das BEM ist ein wichtiger Zusatzbaustein: Es soll als präventives Verfahren nach längerer Erkrankung dazu beitragen, eine Arbeitsunfähigkeit (AU) zu überwinden, erneuter AU vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten (§ 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX).
BEM-Angebot – als Arbeitgeberpflicht
Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seinen Beschäftigten mit krankheitsbedingter Fehlzeit von mehr als sechs Wochen (42 Tage) ein BEM anzubieten. Nach deren Zustimmung hat er mit der betroffenen Person mögliche Präventionsmaßnahmen zu klären. Erfasst werden alle arbeits- oder dienstunfähigen Beschäftigten, nicht nur Menschen mit Behinderungen.
Akteure beim BEM
Neben den Betroffenen klärt der Arbeitgeber zusammen mit der zuständigen Interessenvertretung (Betriebsrat bzw. Personalrat oder kirchlicher Mitarbeitervertretung) und – soweit ein schwerbehinderter Mensch betroffen ist, außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung – die betrieblichen Beschäftigungsmöglichkeiten und die Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Dazu hat er den innerbetrieblichen Sachverstand und die externen Hilfen zur Teilhabe zu nutzen.
Die Hinzuziehung des Betriebs-/Werkarztes (§ 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX) und die Einbeziehung externer Stellen (§ 167 Abs. 2 Satz 5 SGB IX) zum BEM sind verbindlich vorgesehen; die zuletzt Genannten kommen als Leistungserbringer möglicher Teilhabeleistungen (Rehabilitation etc.) sowie für begleitende Hilfe im Arbeitsleben (Integrationsamt) infrage.
Keine abschließende BEM-Regelung
Das Aufstellen verbindlicher Regeln für das BEM-Verfahren, wie mit welchen Hilfen die Beschäftigungsfähigkeit gestärkt werden kann, ist Sache der Betriebsparteien. Das BEM gilt als »offener Suchprozess« (Bundesarbeitsgericht), bei dem alle denkbaren Optionen zu prüfen sind, die eine erfolgreiche Wiedereingliederung begünstigen. Die gesetzliche Bestimmung gibt nur einen Rahmen vor. Betriebsräte bestimmen dabei mit; Personalräte haben seit 2021 ein starke Mitbestimmungsrechte über die Grundsätze des BEM und des BGM.
BEM-Verfahren regeln
Personalräte
In den Dienststellen des Bundes besteht seit dem 15.6.2021 ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht des Personalrats über die »Grundsätze des behördlichen oder betrieblichen Gesundheits- und Eingliederungsmanagements«. Dieses ist anlässlich der Modernisierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes in § 80 Abs. 1 Nr. 17 BPersVG eingeführt worden.
Betriebsräte
Im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist das BEM nicht als eigenständiger Mitbestimmungstatbestand genannt. Das BAG sieht für regelungsbedürftige Einzelfragen die Mitbestimmung als gegeben an, soweit im Rahmen des BEM das Verhalten von Beschäftigten geregelt wird (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG), Gesundheitsdaten verarbeitet werden (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) und Regeln zum Schutz vor Arbeitsunfällen und Gesundheitsrisiken konkretisiert werden (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG).
Prävention nutzen
Der Präventionsansatz des BEM wird von der »kündigungsschutzrechtlich« orientierten Rechtsprechung wenig beachtet. Nach § 3 SGB IX gilt: Vorrang für die Prävention! Dieser Ansatz geht über die reine Kündigungsvermeidung hinaus. Danach muss im Rahmen des BEM auch geprüft werden, wie der Eintritt einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung vermieden werden kann. Daran ist im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten mitzuwirken.
Mehr zu den Rechtsgrundlagen, dem Datenschutz, der Stufenweisen Wiedereingliederung und der Prozess-Gestaltung des BEM im Titelthema »Gute Arbeit« 6-7/2023.
Weitere Informationen
»Gute Arbeit« 6-7/2023 (S. 8-36) »Betriebliche Eingliederungsmanagement – BEM: So gelingt die Wiedereingliederung« mit sieben Fachbeiträgen:
- Prof. Dr. Franz Josef Düwell: »BEM: Rechtsgrundlagen und Formung durch die Rechtsprechung« (S. 8-13).
- Prof. Dr. Wolfhard Kohte: »Stufenweise Wiedereingliederung beim BEM« (S. 14-17).
- Prof. Dr. Peter Wedde: »Online-BEM-Sitzungen: Ausnahme oder Regel« (S. 18-21).
- Michael Beese, Andrea Lange: »Erfolgreiches BEM mit System« (S. 22-26).
- Cornelia Danigel: »Weiterbildung für das BEM« (S. 27-29).
- Irene Husmann: »Gute Praxis, erfolgreiches BEM« (S. 30-33).
- Martina Berger: »IFD als BEM-Akteur« (S. 34-36).
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