Betriebsratsarbeit

Betriebsratsarbeit gut organisieren

Betriebsratsarbeit gut organisiert
Quelle: Bund-Verlag

Als Betriebsrat müssen Sie Privatleben, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut bringen. Hier helfen eine gute Selbstorganisation und eine sinnvolle Aufgabenteilung im Gremium. Wie das gelingt, sagt Ihnen Beate Schwartau, Autorin unseres neuen Ratgebers »Betriebsratsarbeit gut organisiert« im Interview.

Wie lässt sich Betriebsratsarbeit gut organisieren?

Beate Schwartau:

Zunächst durch verbindliche alltagstaugliche Absprachen im Gremium. Das Gremium muss insbesondere auf  tragfähige Absprachen setzen, wenn es durch eine Persönlichkeitswahl gewählt wurde oder wenn es sich aus unterschiedlichen Listen zusammensetzt. Hier starten ja nicht unbedingt gleichgesinnte Menschen in das Mandat eines Betriebsrats, mit einer gemeinsamen Idee in Bezug auf das was sie in den kommenden vier Jahren in diesem Team erreichen wollen oder könnten. Auch die unterschiedlichen Persönlichkeiten im Gremium mit ihrem sehr unterschiedlichen Bildungswissen müssen sich erst finden und kennenlernen.

Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen haben ein anderen Bewältigungsidex als alleinstehende Menschen oder Menschen, die ihre Familienpflichten delegieren können. Im Kapitel »Strategie & Taktik« meines Buches »Betriebsratsarbeit gut organisiert« habe ich aus der klassischen Organisationsentwicklung ein Beispiel gegeben, wie wichtig es grundsätzlich ist, Betriebsratsziele zu definieren, damit die alltägliche Arbeit strukturierbar wird. Die meisten Betriebsräte haben keine übergeordneten Ziele für sich definiert und deshalb verlieren sie sich in der Einzelfallarbeit, die sehr arbeitsintensiv  ist, solange es keine dazugehörigen übergeordneten Ziele gibt, die erreicht werden sollen. Dabei müssen sich Betriebsräte ihre Ziele nicht ausdenken. Sie können sich an den Kernthemen des BetrVG orientieren.

  1. Beschäftigungssicherung nach § 80; § 90; §§ 92 bis 105 und §§ 111 bis 112a BetrVG
  2. Arbeitsplatzgestaltung nach § 80; § 75; § 87; §§ 89 bis 91 und §§111 sowie 112 BetrVG
  3. Die Geschäftsführung des Betriebsrats von §§ 25 bis 80 BetrVG

Das schwierigste Arbeitsmoment für die Betriebsräte ist der gesetzliche Teil der Geschäftsführung für den Betriebsrat selbst. Betriebsräte müssen sich selbstverwalten und autonom strukturieren. Dieser Moment fällt den wenigsten Betriebsräten leicht, weil sie es vermutlich gewohnt sind, Rahmenbedingungen fremdbestimmt vorzufinden und ihnen dann in der originären Arbeit zu genügen. Es erfordert ein selbstbewusstes und selbstbestimmtes Selbstverwaltungsmodell, damit die Anforderungen aus dem BetrVG genügen können.

Betriebsräte arbeiten nach Recht und Gesetz. Sie arbeiten nur mittelbar gewerkschaftlich und nach § 77 Abs. 3 BetrVG ist es ihnen grundsätzlich nicht erlaubt Angelegenheiten zu regeln, die üblicherweise von einem Tarifvertrag geregelt werden oder geregelt werden könnten. Diese Einschränkung ist insbesondere für neue Betriebsräte schwierig zu verstehen, da sie sich oft als Ersatz einer Gewerkschaft fühlen. Für die Techniken der Selbstverwaltung hat mein Buch diverse Techniken im Angebot. Jedes Gremium muss selbst erlernen, wie es sich am besten vereinbart. Es gibt da ganz wenig garantiertes Wissen, weil die Kulturen in den Branchen z.B. sehr unterschiedlich sind. Ein Restaurant wird nun mal anders geführt als ein Stahlwerk.

Welche sozialen Fähigkeiten braucht ein Betriebsratsmitglied?

Beate Schwartau:

Im Prinzip genügen die alten Arbeitstugenden: Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Loyalität im BR-Team. Ein Betriebsratsmitglied benötigt eine wertschätzende und zielführende Streitkultur und auch Kommunikation im Team und zur Belegschaft. Das Mandat verändert die Menschen innerhalb der Betriebsratsarbeit sehr. Dieses Mandat verhilft sozusagen durch den Zuwachs an Freiheit und Handlungsautonomie zu enormen Persönlichkeitsentwicklungen oder zu Persönlichkeitszuwachs. Selbstständig Denken und Handeln ist erforderlich statt braves folgen von Anforderungen, die durch die Firmenleitung an sie gestellt werden. Und zu guter Letzt ist es von Vorteil, wenn Betriebsräte keine Angst vor Veränderungen haben. Es verändert sich, weil es sie gibt und solange sie handeln.

Wie sieht ein gutes Zeitmanagement im Betriebsrat aus?

Beate Schwartau:

Das kommt auf die betrieblichen Rahmenbedingungen an und es hängt erheblich von der Betriebsratsgröße ab. Von Bedeutung ist auch, ob Betriebsräte von der Leitung bekämpft werden oder ob sie sozial mit der Betriebsleitung und Belegschaft kollaborieren. In meinem Buch habe ich diverse Tipps für ein erfolgreiches Zeitmanagement hinterlegt. In der Grobstruktur gilt der Klassiker: Lerne zu priorisieren in

  1. Dringlich           = Nicht aufschiebbar und deshalb möglichst unmittelbar
  2. Wichtig              = Zeitlich terminierbar und dann auch einhalten
  3. Delegierbar       = Schaue immer, wer es am besten erledigen kann. Alle Personen müssen Aufgaben oder Themengebiete bearbeiten.
  4. KW                    = »Kann Warten oder Kann Weg!« Dieser Punkt ist für die meisten Betriebsräte besonders schwierig, da sie, wenn sie Neu im Mandat stehen noch keine ausreichende Erfahrung haben, wie sie ihr Wissen & Können am besten archivieren oder vorrätig halten können. Insbesondere das Informationsmanagement ist diesbezüglich am schwierigsten zu lernen und beizubehalten.

Die Interviewpartnerin:

Beate Schwartau

ist Arbeitsrechtlerin, Personal- und Organisationsentwicklerin, ver.di-Mitglied und Funktionärin. Sie ist seit 30 Jahren in der Schulung und Beratung von Betriebsräten tätig.

 

 

Lesetipp der Online-Redaktion:

So arbeiten GBR und KBR effektiv zusammen

 

© bund-verlag.de (ls)

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