Betriebsratswahl

Betriebsratswahl mit verschiedenen Betriebsteilen

02. Januar 2018 Betriebsratswahl
betriebsratswahl
Quelle: Eva Kahlmann_Dollarphotoclub

Filialen, Nebenstellen, Niederlassungen, Außenstellen. Hand aufs Herz – wie wird dort der Betriebsrat gewählt? In der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB) 1/2018 erklärt Wolf-Dieter Rudolph die feinen Unterschiede, nennt die Fristen, die Sie nicht verpasst dürfen und Fußangeln, die der Betriebsrat meiden sollte.

Teilnahme an Wahl im Hauptbetrieb

Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG können Arbeitnehmer eines betriebsratslosen selbstständigen Betriebsteils mit Stimmenmehrheit formlos die Teilnahme an der Wahl des im Hauptbetrieb befindlichen Betriebsrats beschließen. Ein solcher Teilnahmebeschluss führt dazu, dass der Betriebsteil mit dem Hauptbetrieb betriebsverfassungsrechtlich als ein einheitlicher Betrieb bewertet wird.

Was ist der Hauptbetrieb?

Als Hauptbetrieb wird nach Rechtsprechung des BAG immer der Betrieb angesehen, in dem Leitungsfunktionen des Arbeitgebers für den Betriebsteil wahrgenommen werden. Mitbestimmung soll nach Ansicht des BAG immer dort ausgeübt werden, wo die mitbestimmungsrelevanten unternehmerischen Entscheidungen auch getroffen werden.

Wer im Unternehmen letztlich als Hauptbetrieb anzusehen ist, muss in jedem Einzelfall sorgfältig geklärt werden.

Was ist ein selbstständiger Betriebsteil?

Um als selbstständiger Betrieb nach § 4 BetrVG zu gelten, müssen Betriebsteile zwei Voraussetzungen erfüllen:

  1. Der Betriebsteil selbst muss betriebsratsfähig sein. Das bedeutet, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorliegen müssen: Es müssen im Betriebsteil in der Regel mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sein, wobei von diesen wiederum drei auch zum Betriebsrat wählbar sein müssen.
  2. Der Betriebsteil muss räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sein oder er muss alternativ durch Aufgabenbereiche und Organisation als eigenständig angesehen werden.

Drei Möglichkeiten für betriebsratslose Betriebe

Bisher betriebsratslose Betriebe im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG haben nun drei Möglichkeiten:

  1. Es passiert gar nichts.
    Ein betriebsratsloser Zustand ist allerdings nicht empfehlenswert. Von daher sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, dass die dort tätigen Beschäftigten auch von einem Betriebsrat vertreten werden.
  2. Es kann in dem Betriebsteil ein eigener Betriebsrat gewählt werden.
  3. Die Beschäftigten können an der Wahl des Hauptbetriebs teilnehmen.

Achtung Frist läuft

Sollten die Beschäftigten an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilnehmen, muss darauf geachtet werden, dass der von den Arbeitnehmern des Betriebsteils gefasste Beschluss dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit wird. Da nach Willen des Gesetzgebers auch der Betriebsrat des Hauptbetriebs eine entsprechende Abstimmung organisieren kann, sollte jeder Betriebsrat, für den diese Option sinnvoll erscheint, umgehend das Ende der aktuellen Amtszeit feststellen, damit es nicht an der zwingend zu beachtenden Frist scheitert.

Bevor der Betriebsrat des Hauptbetriebs beginnt, die Abstimmung in dem Betriebsteil zu organisieren, sollte kritisch abgewogen werden, welche Vorteile und welche Nachteile diese Möglichkeit bringt oder ob es nicht besser ist, dass die Beschäftigten des Betriebsteils einen eigenen Betriebsrat wählen.

Vorteile ausloten

Nehmen die in den Betriebsteilen beschäftigten Arbeitnehmer an der Wahl im Hauptbetrieb teil, kann das zur Folge haben, dass ein größeres Gremium gewählt wird, das letztlich auch effektiver die Interessen sämtlicher Beschäftigter vertreten kann. Auch kann es dabei zu einer oder einer weiteren Freistellung von Betriebsratsmitgliedern kommen. Es können auch noch andere Schwellenwerte überschritten werden, was sich immer günstig auf die Arbeit des Betriebsrats auswirkt.

Nachteile im Blick haben

Bei der Abwägung muss aber auch berücksichtigt werden, ob die Interessen der im Betriebsteil Beschäftigten auch bei einem weit entfernten Hauptbetrieb noch angemessen vertreten werden oder ob die Interessen im Betriebsrat quasi untergehen.

Im Einzelfall kann die Teilnahme an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb auch dazu führen, dass bei der Stilllegung des Betriebsteils diese Maßnahme nicht sozialplanpflichtig ist. Während der Betriebsrat bei der Betriebsstilllegung zumeist einen Sozialplan durchsetzen kann, ist dieses im Fall der Schließung eines Betriebsteils häufig nicht möglich, da es sich hier weder um einen eigenständigen Betrieb und zumeist auch nicht um einen wesentlichen Betriebsteil des Hauptbetriebs handelt.

Praxistipp:

Bevor der Betriebsrat eine entsprechende Abstimmung inszeniert, sollte geprüft werden, ob die Gefahr besteht oder sogar schon konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der entsprechende Betriebsteil geschlossen werden kann oder dort mit nicht unerheblichem Personalabbau zu rechnen ist.

Und was bei einer Abstimmung zur Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb dringend beachtet werden muss, lesen Sie im Beitrag »Mitwählen im Hauptbetrieb«, AiB 1/2018 auf Seite 44.

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