Bundestag berät Corona-Notbremse

Die Bundesregierung hatte den Entwurf für das »Vierte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (BT-Drucksache 19/28444) in der letzten Woche beschlossen und in den Bundestag eingebracht. Der Gesetzentwurf soll dem Bund bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie zusätzliche Handlungsmöglichkeiten verschaffen und eine bundesweit einheitliche Steuerung des Infektionsschutzes ermöglichen. Einige Erleichterungen und Verschärfungen haben die Koalitionsparteien noch bei der Beratung des Gesetzes im Gesundheitsausschuss am 19.4. vorgenommen.
Homeoffice und Testpflicht
Wichtig für Beschäftigte sind insbesondere drei geplante Änderungen, die die SPD-Bundestagsfraktion mitteilt:
Die Anforderungen an Arbeitgeber im Umgang mit Homeoffice und mit Testangeboten für ihre Beschäftigten werden noch einmal verschärft, unabhängig von der Inzidenz. Arbeitgeber sollen von Homeoffice-Angeboten an die Beschäftigten nur noch dann absehen dürfen, wenn dem „zwingende betriebliche Gründe“ im Wege stehen. Damit sollen die Kontakte im Betrieb weiter reduziert werden.
Außerdem sollen Unternehmen ihren Beschäftigten zweimal pro Woche einen Corona-Test anbieten, bisher sollte im Regelfall nur einer je Woche vorgeschrieben sein. (Quelle: spdfraktion.de, 19.4.2021)
Geplant ist zudem eine Erleichterung für Familien, die durch Homeoffice und Homeschooling doppelt belastet sind. Für sie wird Rechtsanspruch auf Kinderkrankentagegeld ausgeweitet: Künftig sind 30 Tage pro Kind möglich (10 mehr als bisher), für Alleinerziehende 60 Tage (20 mehr als bisher).
Bundeseinheitliche Regelungen ab Inzidenzwert 100
Befristet bis 30.06.2021 sollen künftig bundeseinheitliche Regelungen greifen, wenn in einem Landkreis oder in einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Inzidenzwert von 100 (d. h. 100 Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen) überschritten wird.
Kontaktbeschränkungen
Ist dieser Schwellenwert erreicht, sollen private Zusammenkünfte auf die Angehörigen eines Hausstandes und maximal eine weitere Person begrenzt werden. Ausgenommen dabei sind Kinder unter 14 Jahren.
Ausgangssperren
Zwischen 22 Uhr und fünf Uhr des Folgetages sollen Ausgangsbeschränkungen gelten. Aufenthalte außerhalb des Wohnraums sollen u.a. gestattet bleiben, wenn diese dienen:
- zur Berufsausübung,
- zur Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum,
- zur Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts,
- zur Ausübung des Dienstes oder des Mandats,
- zur Berichterstattung durch Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Rundfunk, Film und anderer Medien,
- zur unaufschiebbaren Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger,
- zur Begleitung Sterbender
- oder zur Versorgung von Tieren.
Eine weitere Ausnahme soll für abendliche Spaziergänger oder Jogger zwischen 22 und 24 Uhr gelten, wenn sie allein unterwegs sind.
Schließung von Freizeiteinrichtungen und Geschäften
Ist der Sieben-Tage-Inzidenzwert von 100 erreicht, soll auch die Öffnung von Gaststätten, Freizeiteinrichtungen, Museen, Kinos, Theatern und ähnlichen Einrichtungen untersagt sein. Das Ausliefern von Speisen und Getränken sowie deren Abverkauf zum Mitnehmen sollen dagegen erlaubt bleiben.
Schließen sollen auch die meisten Geschäfte des Einzelhandels, davon ausgenommen sind: Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte.
Weitere Einschränkungen sind vorgesehen:
- für die Ausübung von Sport und die Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen
- - Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sollen untersagt werden können.
Die Regelungen sollen außer Kraft treten, wenn der Inzidenzwert von 100 an fünf aufeinander folgenden Werktagen unterschritten wird.
Regelungen für den Schulbetrieb
Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen sollen bei einem Inzidenzwert von 165 an drei Tagen den Präsenzunterricht einstellen müssen (ab dem übernächsten Folgetag).
Ausnahmen sollen für Abschlussklassen und Förderschulen möglich sein. Außerdem sieht der Entwurf eine Teststrategie für Schüler und Lehrer vor. Zweimal wöchentlich sollen diese auf das Coronavirus getestet werden, um am Präsenzunterricht teilnehmen zu dürfen.
Weiteres Verfahren
Wird das Gesetz beschlossen, muss es noch den Bundesrat passieren. Der Bundesrat hat dazu für den 22. April eine Sondersitzung angekündigt.
Quelle:
Deutscher Bundestag »Abstimmung über die Änderung des Infektionsschutzgesetzes«, 20.04.2021
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