Chancengleichheit mit Gewerkschaftswerbung

Die Klägerin war als Kandidatin vom Wahlvorstand von der Wahl ausgeschlossen worden, nachdem die Gewerkschaft, in der sie Mitglied ist, für sie geworben hatte. Ihr Vorstellungsschreiben, das mit dem Logo der Gewerkschaft versehen war, war zudem über einen der Gewerkschaft zugänglichen Account verschickt worden.
Wahlrecht der Klägerin beschnitten
Dieser Ausschluss verstößt gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit, so das VG Karlsruhe. Der Eingriff in das passive Wahlrecht der Klägerin war nicht gerechtfertigt. Der Landesgesetzgeber habe den Wahlvorstand nicht dazu ermächtigt, eine Bewerberin trotz Vorliegens der Wählbarkeitsvoraussetzungen von der Wahl auszuschließen. Er habe insbesondere nicht das Recht, Wahlrechtsverstöße während des Wahlkampfs zu sanktionieren.
Es bestehe ein Recht auf Wahlwerbung mit einer eigenen Schwerpunktsetzung. Auch wenn Gewerkschaften weder ein Vorschlagsrecht hätten noch gewerkschaftliche Ziele beworben werden dürften – der Hinweis auf die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sei erlaubt. Darüber gingen die Wahlempfehlung der Gewerkschaft und die Nutzung des der Gewerkschaft zugänglichen Accounts für die Kandidatenvorstellung nicht hinaus, so das VG Karlsruhe.
Eigentliche Vorstellung ist werbefrei
Der Vorstellungstext der Bewerberin nehme außerdem keinen Bezug auf die Mitgliedschaft und die programmatischen Ziele der Gewerkschaft, sondern sei rein personen- und aufgabenbezogen. Auch die Empfehlung des Bezirksgruppenvorsitzenden enthalte keine gewerkschaftspolitische Werbung, sondern beschränke sich auf die Hervorhebung positiver Charaktereigenschaften der Klägerin sowie ihres Einsatzes für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
bund-verlag.de (mst)
Quelle
Aktenzeichen 13 K 6294/18