Experten-Interview

Das bringt das Geschäftsgeheimnis-Gesetz

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Quelle: alibaba / Foto Dollar Club

Der Bundestag hat das Geschäftsgeheimnis-Gesetz verabschiedet. Nach anfänglicher Sorge, dass es die Arbeit der Betriebsräte erschweren und zu einem Maulkorb für Beschäftigte führen könnte, ist das Gesetz an den entscheidenden Stellen verbessert worden. Dafür hatte sich der DGB vehement eingesetzt. Was auf Betriebsräte zukommt, sagt Ihnen Rudolf Buschmann.

Was besagt das neue Gesetz?

Rudolf Buschmann:

Mit dem Gesetz soll die europäische Geheimnisschutzrichtlinie (EU) 2016/943 vom 8. Juni 2016 umgesetzt werden. Um diese Richtlinie war seinerzeit lange gestritten worden – aus den gleichen Gründen wie jetzt ums Gesetz. Am Schluss wurde die Richtlinie entschärft. Einerseits sollen Geschäftsgeheimnisse besonders geschützt werden. Jedoch sind Erwerb, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen im Rahmen des Informationsrechts von Arbeitnehmervertretern rechtmäßig. Whistleblowing-Aktivitäten sollen nicht eingeschränkt werden. Diese Richtlinie gilt indes nicht unmittelbar, sondern wird durch nationales Gesetz umgesetzt.

Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte noch vorgesehen, dass allein die Unternehmen entscheiden können sollten, was als Geheimnis gilt und was nicht. Das wäre einem Maulkorb für Beschäftigte und Betriebsräte gleichgekommen. Wie bestimmt sich jetzt, was unter ein Geheimnis fällt?

Rudolf Buschmann:

Vor allem bestimmt sich, was nicht darunter fällt. Unberührt bleiben »die Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung, die Autonomie der Sozialpartner, die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen.« Nur die Information kann ein Geschäftsgeheimnis darstellen, bei der ein berechtigtes Interesse an Geheimhaltung besteht.

Hat das neue Gesetz Auswirkungen auf die Arbeit von Betriebsräten? Und wenn ja, welche?

Rudolf Buschmann:

Schon immer gab es Streit um die Reichweite der Verschwiegenheitspflicht nach § 79 BetrVG. Auch da verlangte die Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an Geheimhaltung. Dies wurde von verschiedenen Landesarbeitsgerichten verneint, wenn z.B. Personalabbaupläne unter dem Siegel der Verschwiegenheit dem Betriebsrat mitgeteilt wurden und dieser dann Beschäftigte und Gewerkschaft informierte. Konkret haben die Gerichte damit begründete Anträge auf Ausschluss aus dem Betriebsrat zurückgewiesen. Das geänderte Gesetz hat Betriebsräte in dieser Position bestärkt. Es gibt kein berechtigtes Interesse, den Beschäftigten Pläne für Betriebsänderungen, die sie persönlich betreffen, zu verschweigen.

Was sagt das Gesetz zum Schutz von Whistleblowern?

Rudolf Buschmann:

Die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses fällt nicht unter die Verbote des Gesetzes, »wenn sie zum Schutz eines berechtigten Interesses erfolgt, insbesondere zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das allgemein öffentliche Interesse zu schützen.« Wer skandalöse Vorfälle wie Gammelfleisch an die Staatsanwaltschaft oder die Öffentlichkeit bringt, verletzt kein Geschäftsgeheimnis. Und das gilt erst Recht für Beschäftigte, die ihren Betriebsrat informieren.

Der Interviewpartner:

Rudolf Buschmann, Gewerkschaftliches Centrum für Revision und Europäisches Recht, Lehrbeauftragter an der Universität Kassel

Mehr zum Thema

Einen Kommentar zum Geschäftsgeheimnis-Gesetz lesen Sie in der Mai-Ausgabe von »Arbeit und Recht«.

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