Lärmschutz

Der Arbeitgeber muss den Geräuschpegel senken

23. Oktober 2017 Arbeitsschutz, Lärmschutz
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Quelle: industrieblick_Dollarphotoclub

Lärm oberhalb bestimmter Schallgrenzen schädigt die Hörfähigkeit irreparabel. Aber auch schon geringerer Lärm kann zu psychischen Belastungen führen. Was der Arbeitgeber tun muss, um den Geräuschpegel zu senken, erkärt Rüdiger Granz in der »Guten Arbeit« (GA) 10/2017.

Lärm macht krank. Durch Lärm in der Freizeit, in der Umwelt, insbesondere aber durch Lärmeinwirkungen am Arbeitsplatz entstehen Gesundheitsbeschwerden bis hin zu irreparablen Schädigungen des Innenohrs: vor allem durch Dauerlärm (Maschinen, Umgebung, Baustellen) oder extreme Lärmspitzen.

Spitzenplatz bei den Berufskrankheiten

Lärm gehört zu den häufigsten Gefährdungen in der Arbeitswelt. Nahezu fünf Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in Deutschland hohem Arbeitslärm ausgesetzt, der das Gehör gefährdet. Die arbeitsbedingte Lärmschwerhörigkeit ist die am häufigsten anerkannte Berufskrankheiten (BK). Aber Lärm verursacht nicht nur BKs und hohe Kosten bei der Unfallversicherung – nach unzureichender Prävention und schlechtem Lärmschutz. Warum ist Lärm außerdem so schädlich?

  • Extraauraler Lärm (im unteren Dezibel-Bereich) wirkt störend, beeinträchtigend, belästigend und kann Stress verursachen, die Konzentration empfindlich stören etc. Dieser Lärm – etwa in Großraumbüros – wirkt auf die Psyche und verursacht unterschiedliche organische Beschwerden. (Bluthochdruck, Schlafstörungen etc.)
  • Auraler Lärm über bestimmten Schallschutzgrenzen (geregelt in der Lärm-Vibrations-Arbeitsschutz-Verordnung - LärmVibrationsArbSchV) kann die Hörfähigkeit dauerhaft schädigen und das Unfallrisiko erhöhen: etwa durch das Überhören von Warnsignalen, oder durch Schreckreaktionen nach Lärmspitzen.

Gefährdungsbeurteilung ist Pflicht

Bei auralem Lärm ist die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und nach § 3 nach LärmVibrationsArbSchV anzugehen: Sind Beschäftigte Lärm (oder Vibrationen) ausgesetzt, muss der Arbeitgeber alle hiervon ausgehenden Gefährdungen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten beurteilen. Er hat die auftretenden Lärm-Expositionen am Arbeitsplatz zu ermitteln und zu bewerten. Dabei sind Informationen aus allen zugänglichen Quellen und beim Hersteller (Inverkehrbringer) von Arbeitsmitteln zu beschaffen. Danach sind Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik festzulegen. Zu beachten sind z.B.:

  • Art, Ausmaß und Dauer (zeitlich über den 8-Stunden-Tag) der Lärm-Exposition
  • Verfügbarkeit alternativer Arbeitsmittel und (technischer Ausrüstungen) zum Senken der Lärmexposition (Substitutionsprüfung)
  • Verfügbarkeit und Wirksamkeit von Gehörschutzmitteln (PSA) und vieles mehr.

Die Gefährdungsbeurteilung bei extraauralem Lärm - Lärmminderung bei Geräuschen und Lärm unterhalb der Werte der LärmVibrationsArbSchV - ist auf Grundlage der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und des ArbSchG durchzuführen. Wichtig sind die Regelungen im Anhang 3.7 »Lärm«: »In Arbeitsstätten ist der Schalldruckpegel so niedrig zu halten, wie es nach der Art des Betriebes möglich ist.«

Mitbestimmung bei Lärm und Raumakustik

Die Interessenvertretung soll beim Neubau oder Umbau nach § 3 ArbStättV oder bei der Neubeschaffung (präventive Gefährdungsbeurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung) auf Lärmschutz dringen. Beim Kauf neuer Technik muss auf lärmreduzierte »leise« Maschinen gesetzt werden.

Dabei kann der Betriebsrat seine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geltend machen: Denn hier hat der Arbeitgeber Handlungsspielräume bei der Ausgestaltung des Schutzziels Lärmminderung und der Betriebsrat bestimmt mit bei den Maßnahmen zum Erreichen dieses Ziels.

Weitere Informationen

Der ausführliche Beitrag »Lärmprävention am Arbeitsplatz« von Rüdiger Granz - mit vielen Rechtshinweisen, Grenzwerten und den Mitbestimmungsrechten in »Gute Arbeit« 10/2017 (S. 8-13). Zudem in der Ausgabe 10/2017 weitere Beiträge zum Schutz bei körperlichen Gefährdungen: »Lasten gesund und sicher bewegen« von Dr. Stefan Baars und Silvias Thimm (S. 14-18). Auch im Titelthema: »Risiko: Asbest in Stäuben« (S. 19-22) von Reinhold Rühl und Gerd Citrich.

Und Sie lesen: Entlastung für alle Altersgruppen – Gesundheitsmanagement bei Ferrero von Klaus Heimann. Und wie man Gefährdungen am Arbeitsplatz behinderter Menschen inklusiv beurteilt - von Dr. Carsten Brausch (Integrationsamt Köln).

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