Dienstunfall beim Mittagssnack

Eine Beamtin wollte an einer zweitägigen Fortbildungstagung in einer anderen Stadt teilnehmen. Die Anreise sollte rechtzeitig zur Begrüßung am Abend des ersten Tages erfolgen. Die Klägerin fuhr frühzeitig von zu Hause los und erreichte die Zielstadt bereits am Nachmittag. Dort suchte sie noch vor dem Eintreffen im Tagungshotel eine Bäckerei für einen verspäteten »Mittagssnack« auf. Beim Eintreten übersah die Klägerin eine Treppenstufe und stürzte. Dabei zog sie sich mehrere Verletzungen zu. Sie war der Ansicht, der Sturz sei ein Dienstunfall. Die zuständige Behörde lehnte die Anerkennung ab.
Das sagt das Gericht
Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht hatte die Klägerin keinen Erfolg. Der Unfall sei kein Dienstunfall, er habe sich nicht »in Ausübung oder in Folge des Dienstes« ereignet.
Grundsätzlich können bei Dienstreisen auch Unfälle auf dazugehörenden Wegen (»Wegeunfälle«) vom Unfallschutz umfasst sein. Dafür ist zunächst zu schauen, ob die zum Unfall führende Tätigkeit dienstlich veranlasst war oder in die private (sog eigenwirtschaftliche) Sphäre des Beamten gehört. Bei eigenwirtschaftlichen Risiken gibt es keinen Dienstunfallschutz. Der Aufenthalt in Gaststätten oder Geschäften ist normalerweise – auch auf einer Dienstreise – vorwiegend eigenwirtschaftlich. Denn mit Betreten des Geschäfts oder Lokals wird der direkte Weg zum Ort der dienstlichen Tätigkeit verlassen. Die Dienstreise wird dadurch unterbrochen, Unfälle gelten nicht als Dienstunfälle.
Bei mehrtägigen Dienstreisen mit „Übernachtungszwang“ kann das Ganze aber anders aussehen. Denn bei einer solchen Reise kann der Beamte nicht nach Dienstschluss in seine eigene Wohnung zurückzukehren. Er muss Gegenstände des täglichen Bedarfs (wie z. B. Lebensmittel) also zwingend auswärts besorgen. Der Einkauf ist dann lediglich eine »unbeachtliche« Unterbrechung der Dienstreise und noch vom Unfallschutz erfasst. Das hat das BVerwG bereits früher entschieden (BVerwG 10.12.2013 – 2 C 7.12).
Doch selbst dann gibt es noch eine weitere Hürde: Auch in solchen Fällen besteht Unfallschutz nach der Rechtsprechung des BVerwG immer nur dann, wenn die Unfälle im allgemeinen Verkehrsraum passieren. Es kommt sozusagen darauf an, ob der Beamte »auf der Straße« (dann Dienstunfall) oder auf dem Grundstück eines Ladengeschäfts (dann kein Dienstunfall) verunglückt.
Die Klägerin im aktuellen Fall hat mit Betreten der Bäckerei den allgemeinen Verkehrsraum verlassen – daher lag bei ihr kein Dienstunfall vor.
Das müssen Sie wissen
Das BVerwG differenziert für Wegeunfälle seit jeher danach, ob Beamte im allgemeinen Verkehrsraum oder auf privaten Flächen verunglücken. Der Grund: Beim Wegeunfall sollen die typischen und atypischen Gefahren des allgemeinen Verkehrs erfasst werden, die weder der Dienstherr noch der Beamte im Wesentlichen beherrschen oder beeinflussen kann. Auf Flächen, über deren Nutzung ein (privater) Dritter allein entscheiden kann (Geschäfte), findet aber kein allgemeiner Verkehr statt. Unfälle in Geschäften unterliegen also selbst dann nicht dem Unfallschutz, wenn sie während einer Dienstreise passieren.
Franziska Kowalski, Volljuristin, Bund Verlag, Frankfurt am Main.
(ct)
Quelle
Aktenzeichen 2 B 52.19