Betriebsratsarbeit

Digitale Sitzungen werden »normal«

16. August 2021
Videokonferenz Zoom Teams
Quelle: pixabay / Alexandra_Koch

Die virtuellen Sitzungs- und Beschlussmöglichkeiten ziehen auf Dauer ins BetrVG ein. Aber Vorsicht: Betriebsräte müssen das genaue Vorgehen zwingend in ihrer Geschäftsordnung verankern. Was es noch zu beachten gilt, verrät Peter Wedde in »Computer und Arbeit« 7-8/2021.

Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist am 18.6.2021 in Kraft getreten. Es ermöglicht nun dauerhaft digitale Betriebsratssitzungen, auf denen auch Beschlüsse gefasst werden können. Noch bis zum Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 war durch § 30 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwingend vorgegeben, dass Betriebsratssitzungen als Präsenzsitzungen durchgeführt werden müssen. Auch Beschlussfassungen waren nur dort zulässig. Entscheidungen im Umlaufverfahren waren ebenso unwirksam wie Beschlussfassungen im Rahmen von Video- und Audiokonferenzen.

Hauptargumente für die Durchführung von Präsenzsitzungen waren der unmittelbare Austausch aller Betriebsratsmitglieder, die Sichtbarkeit von individuellen Reaktionen und Verhaltensweisen in der Sitzung sowie die einfach herzustellende und festzustellende Vertraulichkeit. Hinzu kam, dass nur durch eine persönliche Sitzungsteilnahme sicherzustellen ist, dass alle Betriebsratsmitglieder für die Dauer der Sitzung von ihren anderen beruflichen Pflichten entbunden werden. Befürworter von Online-Sitzungen verwiesen hingegen etwa auf die vereinfachte Möglichkeit, kurzfristige Sondersitzungen anzuberaumen sowie das Entfallen von Reisezeiten.

Was galt bislang?

Die durch die Corona-Pandemie verursachten Betriebsschließungen haben diese Diskussion abrupt zum Stillstand gebracht. Viele Betriebsratsmitglieder fanden sich Mitte März 2020, wie viele andere Beschäftigten auch, plötzlich im Homeoffice wieder. Wo noch Präsenzsitzungen stattfanden, forderten einzelne Betriebsratsmitglieder vielfach die Möglichkeit einer Online-Teilnahme ein. Um Online-Sitzungen und notwendige Beschlussfassungen möglich zu machen, gaben Arbeitgeber gegenüber Betriebsräten kurzfristig unwiderrufliche Erklärungen ab, in denen sie versicherten, dass sie in Online-Betriebsratssitzungen gefasste Beschlüsse arbeitsrechtlich nicht als unwirksam angreifen werden.

Der Gesetzgeber hat auf diese Situation mit der Schaffung einer zeitlich befristeten Regelung in § 129 BetrVG schnell reagiert. Diese Vorschrift ermöglichte insbesondere die Durchführung von Sitzungen aller Betriebsratsgremien und Einigungsstellen in Form von Video- und Telefonkonferenzen. Auch für Betriebsversammlungen wurde der Rückgriff auf das Videoformat durch die Vorschrift ausdrücklich zugelassen. § 129 BetrVG galt rückwirkend ab dem 1.3.2020 und legitimierte damit auch Beschlüsse von Betriebsräten, die entgegen der Regelung in § 30 Abs. 1 BetrVG gefasst wurden.

Was gilt ab sofort?

Durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist die Zulässigkeit von Online-Sitzungen dauerhaft im BetrVG verankert worden. Gleichzeitig mit einer Einführung dieser Möglichkeit in § 30 Abs. 1 BetrVG stellt der Gesetzgeber allerdings klar, dass Betriebsratssitzungen weiterhin vorrangig als Präsenzsitzung stattfinden sollen, in der alle Betriebsratsmitglieder persönlich anwesend sind. Von dieser Regel können Betriebsräte unter den in § 30 Abs. 2 BetrVG genannten Voraussetzungen nur ausnahmsweise abweichen. Eine solche Abweichung setzt voraus, dass die drei in Absatz 2 genannten Voraussetzungen insgesamt erfüllt sind.

(1) Regelung in der Geschäftsordnung

Nach der Vorgabe in § 30 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG muss als Grundlage für die Durchführung von Video- und Telefonkonferenzen eine Regelung in die Geschäftsordnung des Betriebsrats eingefügt werden. Diese muss den Vorrang der Präsenzsitzung sichern. Dieses Ziel kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass die Zahl von Online-Betriebsratssitzungen begrenzt wird. Es kann aber auch eine Beschränkung auf bestimmte Themen oder Sachverhalte erfolgen, für die eine schnelle Befassung erforderlich ist (vergleiche BT-Drs. 19/28899).

In der Geschäftsordnung kann etwa weiterhin festgeschrieben werden, in welcher Form Video- und Telefonkonferenzen durchgeführt werden können. Neben einer hybriden Durchführung, bei der sowohl die persönliche Anwesenheit im Sitzungsraum des Betriebsrats als auch eine Teilnahme über einen Video- und Telefon- bzw. Audiokanal möglich ist, kommt auch eine ausschließlich digitale Sitzungsdurchführung in Betracht. Fehlt eine einschlägige Regelung in einer Geschäftsordnung, sind ausschließlich Präsenzsitzungen zulässig.

(2) Kein Widerspruch

Nach der Vorgabe in § 30 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG sind Video- und Telefonkonferenzen nur zulässig, wenn kein Widerspruch gegen dieses Format vorliegt. Widerspricht hingegen mindestens ein Viertel der Betriebsratsmitglieder, muss eine Präsenzsitzung stattfinden. Für die Einlegung des Widerspruchs müssen Vorsitzende eine Frist bestimmen. Möglich sind generelle Festlegungen (etwa »spätestens zwei Werktage vor dem Sitzungstermin«) oder die Benennung situationsangepasster Fristen. In jedem Fall muss den Betriebsratsmitgliedern die Möglichkeit gegeben sein, sich über die Einlegung eines Widerspruchs vor der Sitzung abzustimmen. (...)

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Den vollständigen Beitrag von Peter Wedde lesen Sie in »Computer und Arbeit« 7-8/2021. Weitere Highlights:

  • Betriebsrätemodernisierungsgesetz | Wie viel Mitbestimmung steckt drin? | Was sagen Betriebsräte zu den Änderungen? | Künstliche Intelligenz im BetrVG | Datenschutz: Der Arbeitgeber ist verantwortlich!
  • IT-Mitbestimmung | Was gilt beim Einsatz von Wearables?
  • Datenschutz | Die 7 größten Datenschutzmythen

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