Anrechnung von Sonderzahlungen
Der Arbeitgeber zahlte der Klägerin einen Stundenlohn von weniger als 8,50 EUR pro Arbeitsstunde. Darüber hinaus erhalten die Beschäftigten im Betrieb zweimal im Jahr eine Sonderzahlung von jeweils einem halben Monatslohn. In einer Betriebsvereinbarung haben sich die Betriebsparteien darauf geeinigt, dass die Sonderzahlungen auf zwölf Monate aufgeteilt werden.
Sonderzahlung ist Arbeitsentgelt
´Die Beschäftigen bekamen diese anteilig mit der Monatsabrechnung ausgezahlt. Der nun errechnete monatliche Gesamtlohn ergab für jede Arbeitsstunde einen Betrag von mehr als 8,50 EUR. Darüber hinaus zahlt der Arbeitgeber Zuschläge für Überstunden, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit. Diese werden jedoch auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohns von weniger als 8,50 EUR berechnet.
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Sonderzahlungen um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung handelt. Daher sei die Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn ohne weiteres möglich. Die BV, nach der die Sonderzahlungen monatlich ausgezahlt werden, sei wirksam.
Nur Nachtarbeitszuschläge auf Basis von 8,50 EUR
Die Zuschläge sowohl für Überstunden als auch für Sonntags- und Feiertagsarbeit wurden im Arbeitsvertrag vereinbart. Der Arbeitgeber durfte daher die Höhe auf Grundlage des vertraglich vereinbarten niedrigeren Stundenlohns berechnen. Die Zuschläge für Nachtarbeit müssen sich hingegen an dem gesetzlichen Mindestlohn orientieren.
Praxistipp: Was wird angerechnet, was nicht?
Mit dieser Frage haben sich seit der Einführung des MiLoG einige Arbeitsgerichte beschäftigt. Grundsätzlich sind sämtliche Zahlungen für den Mindestlohn zu berücksichtigen, die Lohn im eigentlichen Sinne sind. Geldleistungen für erbrachte Arbeit sind also anzurechnen. Dies gilt nicht Zulagen und Zuschläge, wenn der Arbeitnehmer über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus oder unter erschwerten Bedingungen arbeitet.
Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld
Ein zusätzliches Urlaubsgeld ist in der Regel nicht auf den Mindestlohn anzurechnen. Der Zweck der Geldleistung besteht darin, die durch den Urlaub entstehenden Zusatzkosten auszugleichen. Dies gilt auch für Weihnachtsgeld, wenn damit die Betriebstreue belohnt werden soll.
Sonderzahlungen im monatlichen Rhythmus
Jedoch ist Vorsicht geboten, wenn Arbeitgeber damit beginnen, die vereinbarten Sonderzahlungen monatlich abzurechnen und nicht mehr wie üblich im Sommer und Winter zu zahlen. Eine entsprechende Vertragsänderung kann dazu führen, dass Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Bestandteile des Mindestlohns zu werten sind. In Betriebsvereinbarungen sollten Sonderzahlungen genau mit ihrem Zweck bezeichnet und nur zu festen Zeitpunkten im Jahr ausgezahlt werden.
Lesetipp:
»Mindestlohn und Betriebsrat« von Helm/Huber in »Arbeitsrecht im Betrieb« 3/2016, S. 43-46 .
Jens Pfanne, DGB Rechtsschutz GmbH
Quelle
Aktenzeichen 19 Sa 1851/15