Rauswurf nicht im Schnellverfahren
In dieser Sache versuchte der fünfzehnköpfige Betriebsrat seinen Betriebsratsvorsitzenden loszuwerden. Das ganze sollte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, also in einem Eilverfahren erfolgen. Der Vorwurf lautete, dass der Betriebsratsvorsitzende Sitzungsprotokolle an den Vertrauenskörper der IG Metall im Betrieb weitergeleitet haben sollte. Nach Auffassung des Betriebsrates war dies eine grobe Pflichtverletzung. Weder beim Arbeitsgericht noch in der Berufungsinstanz war der Antrag des Betriebsrates erfolgreich.
Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit zur Amtsenthebung habe in § 23 Abs. 1 BetrVG zwar eröffnet. Dies sei aber eine Regelung, die keine vorläufige Amtsenthebung vorsehe. Erst eine rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts führe zur Amtsenthebung. Wäre diese im Eilverfahren möglich, würde die Amtsenthebung Tatsachen schaffen, bevor in der Hauptsache entschieden sei.
Es sei aber denkbar, dass bei besonderen Umständen ein Betriebsratsmitglied auch nicht mal mehr vorübergehend im Amt verbleiben könne. Für einen solchen Fall müssten aber besonders strenge Anforderungen gelten. Strafrechtliche Ermittlungen gegen das Betriebsratsmitglied oder der Vorwurf moralischen oder charakterlichen Falschverhaltens reichten dafür nicht.
Im hiesigen Fall hatte der Betriebsratsvorsitzende das Fehlverhalten eingeräumt. Nach Ansicht des LAG war die zukünftige Weitergabe vertraulicher Daten daher gerade nicht zu befürchten. Die Entscheidung ist sicherlich zu begrüßen. Ob ein Fehlverhalten so schwerwiegend ist, dass es eine Amtsenthebung rechtfertigt, sollte durch ein ordentliches Verfahren rechtskräftig entschieden sein. Eine vorherige Entfernung aus dem Amt, wäre unverhältnismäßig. Immerhin wird damit eine Wahlentscheidung der Belegschaft revidiert.
Die Amtsenthebung eines Betriebsratsmitglieds kann nicht nur vom Betriebsrat beantragt werden. Berechtigt hierzu sind auch ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft (vgl. § 23 Abs. 1 BetrVG). Es muss eine grobe Verletzung von gesetzlichen Pflichten vorliegen. Ob die Weitergabe persönlicher Daten, wie im hiesigen Fall, für eine Amtsenthebung ausreicht, hat das Gericht offen gelassen.
Für den Fall, dass eine Amtsenthebung nicht erfolgversprechend ist, gibt es nach dem BetrVG noch die Möglichkeit der Abwahl. Der Betriebsrat kann den Vorsitzenden oder auch die stellvertretenden Vorsitzenden jederzeit ohne besondere Begründung abwählen. Erforderlich sind hierzu Beschlussfähigkeit und die eine einfache Stimmenmehrheit nach § 33 Abs. 1 BetrVG.
Wird ein Betriebsratsmitglied mit einem Amtsenthebungsverfahren konfrontiert und muss befürchten, dass das Verfahren Erfolg hat, kann eine Niederlegung des Betriebsratsamtes ratsam sein. Diese kann jederzeit erfolgen und nimmt den Gegnern den Wind aus den Segeln. Das Amtsenthebungsverfahren müsste dann beendet werden.
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Online-Kommentar zum BetrVG
hrsg. von Dr. Michael Bachner (AiB:Assist) in den Anmerkungen zu
§ 23 BetrVG (Verletzung gesetzlicher Pflichten)
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