Personalsoftware

Gesamtbetriebsrat bei Mitbestimmung zuständig

24. Mai 2017

Mitbestimmungsrechte von Gesamtbetriebsrat und Einzelbetriebsrat schließen sich gegenseitig aus. Das gilt auch für den Schulungsanspruch. Erfordert das Einführen einer neuen Personalsoftware eine betriebsübergreifende Regelung, ist der Gesamtbetriebsrat zuständig. Der örtliche Betriebsrat hat dann keinen eigenen Schulungsanspruch.

Ein Einzelhandelsunternehmen mit 400 Filialen plant eine neue einheitliche Software im gesamten Betrieb einzuführen. Die »Workforce Management Software« soll Personaldienstplanung, Personalbedarfsermittlung und Zeitmanagement, die elektronische Zeiterfassung und automatische Zeitbewertung umfassen. Installierung und Unterhalten des Programms soll durch einen zentralen Server erfolgen. Änderungen am System in den einzelnen Filialen sind nicht möglich.

Der örtliche Betriebsrat beschloss zwei seiner Mitglieder zu einer dreitägigen außerbetrieblichen Programmschulung zu entsenden. Der Arbeitgeber hielt die Schulung für nicht erforderlich. Daraufhin leitete der örtliche Betriebsrat ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein um die Schulungsteilnahme samt Freistellung und Begleitkostenübernahme durchzusetzen. Das Verfahren blieb vor dem Arbeitsgericht (AG) und vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) erfolglos.

Erforderlichkeit einer Schulungsveranstaltung

Das LAG hielt die Schulungsteilnahme für die Mitglieder des örtlichen Betriebsrats für nicht erforderlich und sah den Anspruch des örtlichen Betriebsrates als nicht gegeben an. Die Mitglieder des Betriebsrates haben nach § 37 Abs. 2, 3 und 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gegen den Arbeitgeber einen Freistellungsanspruch für die Teilnahme an Schulung- und Bildungsveranstaltungen, wenn diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind.

Eine Schulung ist nach § 37 Abs. 6 BetrVG dann erforderlich, wenn der Betriebsrat sie für seine Tätigkeit benötigt, um seine Aufgaben sachgerecht erfüllen zu können. Die Schulungsteilnahme der Mitglieder des örtlichen Betriebsrats ist nicht erforderlich, wenn die Einführung und Gestaltung einer neuen Personalsoftware in die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats fällt.

Gesamtbetriebsrat oder örtlicher Betriebsrat

Das LAG bezog sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und stellte erneut klar, dass die Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrates und des Einzelbetriebsrates sich gegenseitig ausschließen. Eine klare Trennung ist unerlässlich und man kann eine mitbestimmungspflichtige Aufgabe nicht aufteilen. Ausnahmen gibt es aber, wenn es sich um unterschiedlichen Mitbestimmungstatbestände handelt.

Überbetriebliche Angelegenheit ist die Sache des Gesamtbetriebsrates

Ein Gesamtbetriebsrat ist dann zuständig, wenn es sich um eine überbetriebliche Angelegenheit handelt. Und das ist dann der Fall, wenn das Anliegen aus technischen oder rechtlichen Gründen eine einheitliche Regelung für das gesamte Unternehmen erfordert.

Die Software Workforce Management ist eine technische Einrichtung und kann ohne Zweifel das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer überwachen. Ihre Einführung löst das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG aus. Sie stellt aber ein technisches System dar, dass das gesamtes Unternehmen betrifft. Das Programm wird von einem zentralen Server gesteuert, lokale Änderungen sind unmöglich. Der Gesamtbetriebsrat ist deshalb für dieses Mitbestimmungsrecht allein zuständig.

Praxistipp:Zuständigkeiten klarmachen!

Die Entscheidung stellt klar, dass die Trennung der Zuständigkeiten zwischen den örtlichen Betriebsräten und dem Gesamtbetriebsrat zwingend ist. Auch nach der Entscheidung bleibt es bei dem Grundsatz, dass grundsätzlich der örtliche Betriebsrat dafür zuständig ist, die Beteiligungsrechte nach dem BetrVG wahrzunehmen und durchzusetzen. Allerdings kann jeder Betriebsrat gemäß § 50 Abs. 2 BetrVG durch einen Beschluss den Gesamtbetriebsrat damit beauftragen, einen Sachverhalt für ihn zu regeln.

Nach § 50 Abs. 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat daher nur dann zuständig, wenn der Sachverhalt das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe betrifft, der nicht durch die einzelnen Betriebsräte geregelt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn eine zwingende sachliche Notwendigkeit für eine gemeinsame Regelung besteht.

Lesetipp:
  • Nachwuchskräfte sichern: »Zukunft.Zeit.Zusammenarbeit« von Christof Herrmann in AiB 3/2017, S. 47-49 .
  • »IT-Mitbestimmung und Zuständigkeit« von Bachner/Gerhardt in CuA 1/2017, S. 13-16 .
LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.11.2016 – 7 TaBV 24/16Yuliya Zemlyankina, DGB Rechtsschutz GmbH
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