Beschäftigungsverbot

Lohnanspruch ab dem ersten Tag

09. November 2016

Darf eine Schwangere wegen eines Beschäftigungsverbots nicht arbeiten, muss der Arbeitgeber ihr dennoch den Lohn zahlen. Das gilt auch, wenn das Beschäftigungsverbot vor Beginn des Arbeitsverhältnisses bestanden hat. Denn der Mutterschutz setzt keine Mindestdauer voraus. Darin liegt keine unbillige Belastung, da der Arbeitgeber den Mutterschutzlohn erstattet erhält – so das LAG Berlin-Brandenburg.

Schwangerschaft ist keine Krankheit. Aber schwanger zu sein, ist ein besonderer Zustand. Daher sieht das Mutterschutzgesetz (MuSchG) für werdende Mütter bestimmte Beschäftigungsverbote vor. Oft sind nur einzelne, körperlich anstrengende Tätigkeiten verboten. Bei einem absoluten Beschäftigungsverbot darf die Schwangere überhaupt nicht arbeiten.

Risikoschwangerschaft vor Arbeitsantritt

Die Arbeitnehmerin schloss zu Beginn ihrer Schwangerschaft im Herbst 2015 einen Arbeitsvertrag. Das Arbeitsverhältnis sollte im Januar 2016 beginnen. In der Zwischenzeit ergaben sich Komplikationen bei der werdenden Mutter. Ihr Arzt verhängte noch vor Arbeitsantritt ein absolutes Beschäftigungsverbot. Die Schwangere konnte die Arbeit also nicht antreten.
§ 11 MuSchG bestimmt, dass eine Schwangere trotz Beschäftigungsverbots ihren Arbeitslohn beanspruchen kann (Mutterschaftslohn). Der Arbeitgeber weigerte sich aber, zu zahlen. Er begründete seine Haltung damit, dass die Arbeitnehmerin noch gar nicht gearbeitet habe. Die schwangere Frau klagte.
Das LAG Berlin-Brandenburg gab ihr Recht und verurteilte den Arbeitgeber dazu, den vereinbarten Lohn von Anfang an zu zahlen. Der Mutterschaftslohn setze nicht voraus, dass zuvor irgendeine Arbeitsleistung erbracht wurde. Dies stelle sich schon deshalb nicht als ungerecht dar, weil der Arbeitgeber den so zu zahlenden Lohn über das Aufwendungsausgleichsgesetz von der Krankenkasse zurück erhalte.

Es bleibt abzuwarten…

wie das Bundesarbeitsgericht den Fall beurteilen wird. Denn das LAG Berlin-Brandenburg hat die Revision zugelassen. Das Verfahren wird also weitergehen. Einerseits sieht das Mutterschutzgesetz keine Wartezeit für das Mutterschaftsgeld vor. Eine solche Wartezeit findet sich etwa in § 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz. Danach erhält ein Arbeitnehmer bei Krankheit nur dann weiter seinen Lohn, wenn das Arbeitsverhältnis zuvor vier Wochen ununterbrochen bestanden hat. Andererseits spricht § 11 MuSchG aber davon, dass der Lohn »weiter 1 zu zahlen ist und sich aus dem Durchschnitt der zuvor gezahlten Vergütung berechnet. Das könnte für eine Wartezeit sprechen.

Praxistipp:Mutterschutz und Betriebsratsamt

Auch Betriebsrätinnen oder Arbeitnehmerinnen, die für das Amt kandidieren, werden schwanger. Das wirft die Frage auf, wie sich Beschäftigungsverbot, Mutterschutz und Elternzeit auswirken. Grundlage des Betriebsratsmandats ist das Arbeitsverhältnis. Dieses besteht auch bei Schwangerschaft und Elternzeit fort und somit auch das Mandat im Betriebsrat. Die in § 24 BetrVG genannten Umstände, die die Mitgliedschaft im Gremium erlöschen lassen, sind abschließend. Auch hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass etwa mit einem Beschäftigungsverbot kein Verlust der Wählbarkeit zum Betriebsrat nach § 24 Nr. 4 BetrVG verbunden ist.

Erhält eine Betriebsrätin ein ärztliches Beschäftigungsverbot, so sieht die Rechtsprechung darin eine der Arbeitsunfähigkeit vergleichbare Situation. Das Beschäftigungsverbot führt nicht automatisch dazu, dass das Amt nicht ausgeübt werden kann. Allerdings ist davon praktisch auszugehen. Rechtlich verbindlich verhindert ist eine schwangere Betriebsrätin aber nur, wenn sie ihre Verhinderung der oder dem Betriebsvorsitzenden für die Zeit des Beschäftigungsverbots anzeigt. In diesem Fall kann ein Ersatzmitglied wirksam nachrücken.

Lesetipp:

Alles Wichtige zum Thema lesen Sie im Online-Lexikon für Betriebsräte (AiB:Assist) unter dem Stichwort »Mutterschutz« .

LAG Berlin-Brandenburg 30.9.2016, 9 Sa 917/16Bastian Brackelmann, DGB Rechtsschutz GmbH
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